Sind Christen im Nahen Osten schutzlos?
Viele Menschen in Ägypten machen die Sicherheitskräfte für den Anschlag auf eine koptische Kirche in Kairo am Sonntag mitverantwortlich. Ein Selbstmordattentäter riss während des Gottesdienstes 24 Gläubige mit in den Tod, 49 wurden verletzt. Auch Kommentatoren kritisieren, dass Christen in Ägypten wie im gesamten Nahen Osten zu wenig vor islamistisch motivierten Angriffen geschützt werden.
Regime lässt Kopten im Stich
Präsident Abdel Fattah al-Sisi und seine Regierung tun viel zu wenig, um die christliche Minderheit zu schützen, klagt The Times:
„Unterstützer der IS-Miliz und anderer Dschihadistengruppen feierten auch diesen Angriff in den sozialen Medien - so wie sie das schon bei einer ganzen Serie islamistisch motivierter Gewalttaten gegen koptische Christen getan haben, die seit dem Arabischen Frühling zugenommen haben. ... Präsident Sisi hat versprochen, Ägyptens Kopten gegen religiös motivierte Gewalt zu verteidigen. Doch seine Sicherheitskräfte sind von ihrem Krieg gegen die Dschihadisten abgelenkt. Viele Verantwortliche in seinem Regime ignorieren ohnehin gerne das Leiden der Christen. Ägypten könnte in der arabischen Welt ein Vorbild für interreligiöse Harmonie sein, doch das Vorgehen der Gerichte des Landes ist geradezu lachhaft, und die Kopten leben in Furcht. Nach fast 2000 Jahren in Ägypten haben sie etwas Besseres verdient.“
Christen im Nahen Osten brauchen eigenen Staat
Vor 100 Jahren teilten Frankreich und Großbritannien im geheimen Sykes-Picot-Abkommen den Nahen Osten unter sich auf. Vielleicht sollten die Grenzen von damals neu gezogen und den Christen ein eigener Staat gegeben werden, überlegt El País:
„Nach der Irak-Invasion und dem Arabischen Frühling zerbrach das System endgültig. Die systematische und tägliche Ermordung und Verfolgung der Christen im Nahen Osten zeigt, dass die Sykes-Picot-Aufteilung nicht funktioniert. Und damals wie heute ist das für den Westen kein Problem. Während die IS-Miliz das Kalifat der Abbasiden aus dem Jahr 750 wieder errichtet, haben sich die Kurden de facto ihr eigenes Land gebaut. Vielleicht wäre es an der Zeit, an einen neuen Staat zu denken, der die Christen schützt und verteidigt und in dem sie Zuflucht finden. Sie werden nicht ewig auf Hilfe warten, die nie ankommt.“