Ungehorsam: Kataloniens Ex-Premier verurteilt
Artur Mas, Ex-Premier der Region Katalonien, darf zwei Jahre lang keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden. Weil er 2014 trotz eines Verbots durch das Verfassungsgericht eine Volksbefragung über die Abspaltung der Region von Spanien abhalten ließ, bestrafte ihn ein Gericht in Barcelona nun wegen zivilen Ungehorsams. Spanische Kommentatoren halten das Urteil aus verschiedenen Gründen für wenig zielführend.
Urteil ist viel zu lasch
Die niedrig angesetzte Strafe lädt geradezu zu weiterem Ungehorsam ein, fürchtet El Mundo:
„Das katalanische Oberlandesgericht hat mit dem Urteil zur Volksbefragung über die Unabhängigkeit am 9. November 2014 einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. Die Richter haben Artur Mas, Irene Rigau und Joana Ortega mit einem Verbot der Amtsausübung belegt wegen Ungehorsams gegenüber dem Verfassungsgericht. Doch sie urteilen gleichzeitig, dass die Handlungen des Ex-Ministerpräsidenten und seiner Ministerinnen nicht den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllen, für den sie ebenfalls angeklagt waren. Also wird so etwas Schwerwiegendes wie ein dem spanischen Gesetz widersprechendes Unabhängigkeitsreferendum und Ungehorsam gegen das Verfassungsgericht lediglich mit Amtsverbot bestraft. ... Unserer Meinung nach handelt es sich um ein für die Angeklagten sehr großzügiges Strafmaß, bedenkt man die im Urteil als erwiesen angesehenen Straftaten.“
Richtersprüche lösen das Dilemma nicht
Der Streit zwischen Katalonien und der Zentralregierung in Madrid kann nur politisch gelöst werden, mahnt La Vanguardia aus der katalanischen Hauptstadt Barcelona:
„Die Lage in Katalonien ist sehr verworren und es gibt nur einen Ausweg: eine politische Einigung. Wie eine neue Studie der der Partei von Angela Merkel nahestehenden Konrad-Adenauer-Stiftung ausführt, kann die Katalonien-Frage nicht allein durch Richter und Polizei gelöst werden. Durch die Wahlen in mehreren EU-Staaten wird ein neuer Rahmen entstehen. Und in diesem neuen Rahmen - hoffen wir, dass er konstruktiv sein wird - muss auch die Katalonien-Frage gelöst werden. Es gibt keine gesellschaftliche Mehrheit für einen Bruch mit Spanien, aber eine breite Unzufriedenheit, die nicht unterdrückt werden darf. Das Gesetz darf nicht gebrochen werden, aber ein politischer Pakt ist nötiger denn je. Der Ausweg aus dem Labyrinth braucht Zeit, Geduld und Geschick und sollte zur Wiedereingliederung der nun verurteilten Politiker beitragen.“