Verändern die Proteste Belarus?
Seit Mitte Februar gehen die Menschen in Belarus auf die Straßen. Ausgelöst hatte die Demonstrationen ein Dekret des seit 1994 regierenden Autokraten Alexander Lukaschenko. Dieses belegt Arbeitslose mit einer Steuer wegen 'Sozialschmarotzertums'. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Gewalt und Massenverhaftungen auf die Proteste. Das Schicksal von Belarus liegt nicht in den Händen der Demonstranten, sondern in denen Moskaus, meinen Kommentatoren.
Belarus wird Lukaschenko nicht überleben
Wenn Autokrat Lukaschenko erst einmal tot ist, wird Belarus in den Schoß Russlands zurückkehren, glaubt der Schriftsteller Olev Remsu in Eesti Päevaleht:
„Alle außer den Nationalisten haben sich damit abgefunden, dass der Staat nach dem Tod Lukaschenkos zusammenbrechen wird, denn er wird wahrscheinlich keine Monarchie nach Art Nordkoreas einführen können. Das Territorium wird sich leise in Richtung Russland bewegen, am Anfang de facto, dann de jure. Lukaschenko hatte seinerzeit mit Jelzin den russisch-belarussischen Doppelstaat konstruiert, um nach Jelzins Tod selbst den Thron zu besteigen. Lukaschenko kann noch so oft laut verkünden, dass er sich gegen jegliche Invasion wehren wird und nicht aufgibt, so wie es die Ukraine bei der Annexion der Krim getan hat, aber das ist bedeutungslos. Gibt es keine geistige Stärke, gibt es weder Staat noch Nation.“
Neuer Maidan oder Versöhnung mit Putin?
Entscheidend für die Proteste in Minsk wird die Rolle Russlands sein, meint auch der belarussische Schriftsteller Viktor Martinowitsch in der Neuen Zürcher Zeitung:
„Steuern wir also auf einen Maidan wie in Kiew zu? Das dürfte aufgrund der hohen Zahl von Polizisten und der Entkoppelung von Schuld und Strafe ausgeschlossen sein. Das Ende bleibt offen, da in dieser angespannten Lage eine Partei noch nicht am Zug war: Russland. Sollten sich Lukaschenko und Putin auch diesmal wieder versöhnen, wäre die Situation auf Jahre hin eingefroren und die nächste Spielart von Loyalität zu erwarten: die 'Arbeitslagerloyalität'. Sollte sich Russland dagegen entscheiden, dem belarussischen Volk zu 'helfen', wie es schon dem georgischen und dem ukrainischen Volk 'geholfen' hat, könnte das Land, dessen Bürger ich bin, schon bald Geschichte sein.“