Mit der estnischen Sprache auf Stimmenfang
Die oppositionelle estnische Reformpartei hat vorgeschlagen, dass in allen Schulen und Kindergärten des Landes nur noch Estnisch gesprochen werden soll. Bisher wird erst ab dem Gymnasium ausschließlich in der Amtssprache unterrichtet, vorher wird auch Russisch verwendet. Kommentatoren sehen den Vorschlag vor dem Hintergrund des Wahlkampfs zur Kommunalwahl im Herbst - doch nicht alle lehnen ihn ab.
Kinder müssen früh Estnisch lernen
Auch wenn der Vorschlag den Wahlkampf anheizt, von der Hand zu weisen ist seine Relevanz für Õhtuleht nicht:
„Die Sprachenfrage der Kindergärten hat zumindest in der Hauptstadt Potenzial, zum Hauptthema des Wahlkampfes zu werden, wenn man sich die Reaktionen der Konkurrenz anschaut. ... Eigentlich hängt die Sprachenfrage schon seit der Unabhängigkeit in der Luft. Dass die Reformpartei diese alte Platte wieder auflegt, ist kein Grund, das Thema beiseitezuschieben. Um zu verstehen, dass es wichtig ist, reicht es, wenn man sieht, wie schwierig der Übergang zu Estnisch als Unterrichtssprache auf dem Gymnasium ist. Die Schulen in der Hauptstadt beantragen Ausnahmen, es fehlt an sachkundigen Lehrern und passendem Lehrmaterial - dies zeigt, dass es nicht reicht, die Staatssprache erst im Gymnasium ernsthaft zu lernen.“
Bildungsthema wird für Wahlkampf missbraucht
Eine gute Idee für den Wahlkampf zur Kommunalwahl im Oktober, doch weniger für Kinder, findet die Politologin Triin Toomesaar im Onlineportal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Eesti Rahvusringhääling:
„Das Ziel ist wohl, den Konflikt mit der [regierenden] Zentrumspartei anzuheizen, der im Wahlkampf bis jetzt immer eine gute Hilfe war: die Inszenierung des Kampfes um Estland zwischen den einzig wahren Esten und dem Rest. Doch der Vorschlag ist bildungspolitisch ungerecht, seine Urheber scheinen keine Ahnung zu haben von den wichtigen Empfehlungen für den Sprachunterricht, besonders für Kinder. Kinder sind für alles Neue empfänglicher, auch für neue Sprachen. Je früher man anfängt, ein Kind zweisprachig zu unterrichten, desto besser.“