Irland bekommt homosexuellen Premier
Bis 1993 stand Homosexualität in Irland unter Strafe, jetzt bekommt das Land einen homosexuellen Premierminister: Leo Varadkar von der bürgerlichen Partei Fine Gael. Varadkar folgt auf den bisherigen Partei- und Regierungschef Enda Kenny. Kommentatoren sehen seinen baldigen Amtsantritt als Zeichen für Irlands Wandel.
Zeichen eines historischen Wandels
Dass die sexuelle Orientierung des zukünftigen Premiers nicht einmal stark thematisiert wurde, findet Financial Times bezeichnend:
„Heute kümmert es die meisten Iren nicht, wo oder mit wem ihre politischen Führer die Nacht verbringen. Es gab im Ausland viel mehr Interesse an Varadkars Sexualität und Kommentare darüber als in der Heimat. Dennoch ist sein Erfolg angesichts der früheren Diskriminierung Homosexueller in Irland wichtig. Varadkar ist außerdem Sohn eines indischen Einwanderers. Damit reflektiert sein persönlicher Hintergrund auch einen anderen bedeutenden Wandel in der jüngeren irischen Geschichte. Er zeigt, wie ein Land, das unter verheerenden Auswanderungswellen litt, zur neuen Heimat für eine beträchtliche Gruppe von Einwanderern geworden ist.“
Gleichberechtigung ist ein steter Kampf
Der in vielen Fragen als konservativ geltende Varadkar sollte sich jetzt dort für Gleichberechtigung stark machen, wo sie noch fehlt, mahnt The Irish Times:
„Varadkar findet offenbar bei emotional aufgeladenen Themen wie Abtreibung nur schwer einen Draht zu den Menschen. Einige seiner Äußerungen zur Stärkung der reproduktiven Selbstbestimmung von Frauen waren irreführend und wenig hilfreich. Doch er sollte bedenken, dass seine eigene Identität stark mit den Rechten von Frauen verflochten ist. Feministinnen haben für Varadkar gekämpft, damit dieser ein offenes und allseits akzeptiertes Leben als homosexueller Mann leben kann. Sie haben sich vor Gericht, auf den Straßen, im Parlament, im Äther und in persönlichen Gesprächen für Menschen wie Varadkar eingesetzt - trotz aller Unterschiede. Hoffentlich können wir uns auf einen Regierungschef freuen, dem die Rechte aller wichtig sind.“