Umbruchstimmung nach Wahl im Kosovo
Im Kosovo scheint die politische Landschaft nach der Parlamentswahl vom Sonntag im Umbruch. Die Koalition ehemaliger UÇK-Rebellen liegt nur knapp vorn und büßte zehn Prozentpunkte ein. Für eine Regierungsmehrheit reicht es nicht. Ihren Stimmenanteil verdoppelt hat hingegen die linksnationalistische Partei Vetevendosje, die nun zweitstärkste Kraft ist. Was bedeutet der Wahlausgang für das Land und den Balkan?
Eine Warnung für die EU
Der Wahlerfolg der Bewegung Vetevendosje ist auch ein Protest gegen Brüssel, glaubt die Süddeutsche Zeitung:
„Die Kosovaren sind enttäuscht, dass Brüssel und Berlin Serbien in die EU führen wollen, ohne dass Belgrad zuvor den Anspruch auf Kosovo aufgibt. Obwohl Serbiens autokratischer Präsident und faktischer Regierungschef Aleksandar Vučić einen echten Fortschritt in der Kosovo-Politik seit Jahren verweigert und zuletzt gar einen angeblich drohenden neuen Krieg beschwört, wird er von der EU und von der Bundesregierung hofiert. Eine Korrektur dieser Politik ist nicht in Sicht. Die Wähler im Kosovo haben ihren Unmut darüber nun kundgetan. Mehr Stabilität gibt das der Region freilich auch nicht.“
Kosovo braucht Erneuerung
Die umstrittene Partei Vetevendosje muss nun Regierungsverantwortung übernehmen, fordert die Neue Zürcher Zeitung:
„Vor drei Jahren noch torpedierte der Westen eine Regierung unter Teilnahme von Vetevendosje aus Sorge um die Stabilität. Um diese müsste man sich mit einer von Vetevendosje angeführten Koalition durchaus sorgen, doch die Partei verdient eine Chance. In der gegenwärtigen Situation ist sie das kleinere Übel, alleine schon deshalb, weil sie über eine deutlich höhere demokratische Legitimation verfügt als die Koalition der Kommandanten und im Gegensatz zu diesen nicht korrupt ist. In Pristina, wo sie das Bürgermeisteramt kontrolliert, überzeugt sie jedenfalls durch eine pragmatische Politik. In die Verantwortung genommen, müsste sie zeigen, ob sie im Gegensatz zur restlichen Elite das Land voranbringen kann.“
Frucht der Liebe zwischen USA und UÇK?
Darauf, dass die ehemaligen Rebellen, die die Wahl knapp gewannen, möglicherweise Unterstützung aus den USA erhalten, weist Delo hin:
„Im Sieg der Kriegskoalition im Kosovo und im neuen Regierungskabinett in Mazedonien, wo die ehemaligen Rebellenführer der paramilitärischen Organisation UÇK ebenfalls gestärkt aus der Wahl hervorgegangen sind, sehen Viele in der Region eine Einmischung der USA. Ihrer Meinung nach hat die Liebe zwischen den USA und der UÇK ihre reife Phase erreicht. Die Folgen werden zwei UÇK-Regierungen auf dem Balkan sein. Obwohl die UÇK immer Teil der Regierungsstrukturen in Priština und Skopje war, auch wegen der offenen Einmischung Tiranas, wird vor großalbanischen Tendenzen gewarnt. Dies sei die Folge der immer schwächeren internationalen Gemeinschaft.“