Waldbrand in Portugal: Was sind die Lehren?
Im zentralportugiesischen Kreis Pedrógão Grande ist vermutlich durch Blitzschlag ein Waldbrand ausgebrochen, der am Dienstag bereits 64 Menschen das Leben gekostet hatte. Kommentatoren in Südeuropa zeigen sich erschüttert, dass Politik und Gesellschaft nichts aus früheren Brandkatastrophen gelernt haben und fordern konkrete Maßnahmen zur Prävention.
Unberechenbares Klima einkalkulieren
Die Feuerkatastrophe sollte eine Mahnung sein, konsequent auf Prävention zu setzen, mahnt La Vanguardia:
„Sobald in Portugal die Normalität zurückgekehrt ist, muss sich das Land mit seiner hohen Waldbrandquote auseinandersetzen: Im 21. Jahrhundert verbrannten 2,2 Millionen Hektar, während es im fünfmal größeren Nachbarland Spanien 1,9 Millionen Hektar waren. ... In diesen bitteren Stunden verbindet uns spontane und tiefe Solidarität mit dem portugiesischen Volk. Wir teilen dieselbe Halbinsel, dasselbe Klima und dieselbe bittere Tradition der Großbrände. Was an diesem Wochenende in Pedrógão geschah, erinnert Behörden wie Privatpersonen an unsere Pflicht, in Wort und Tat eine Strategie zu entwickeln, um die Folgen des Klimawandels zu minimieren. Hitze und Dürre, Kälte und Regen dürfen keine Ausrede sein. Die Natur bleibt unberechenbar, doch unvermeidbare Unfälle gibt es nicht.“
Den Wald zur Priorität machen
Mit welchen Maßnahmen Portugal reagieren müsste, erklärt Jornal de Notícias:
„Was - angesichts des enormen menschlichen Dramas - von den Verantwortlichen nun gefordert wird, ist, dass sie glaubhafte aber vor allem auch realistische Maßnahmen umsetzen, die es endlich ermöglichen, diese Tragödien zu verhindern. Wir müssen endlich darauf bestehen, dass Portugal als Ganzes betrachtet wird; dass die Ausbildung der Feuerwehrleute ein für allemal als ein grundlegendes Problem wahrgenommen und dem Wald endlich die gleiche Bedeutung zugesprochen wird, wie dem Tourismus oder der Industrie. Es ist an der Zeit, dass die Universitäten ihr Wissen endlich in die Praxis übertragen und dass sie nicht erst dann einbezogen werden, wenn es zu spät ist. ... Ungepflegte Waldflächen und entvölkerte ländliche Regionen werden sonst weiterhin brennen.“
Sparzwänge mit fatalen Folgen
Trotz Sparauflagen muss Südeuropa die Brandgefahr immer im Blick behalten, mahnt El Mundo:
„Es kann nicht sein, dass ein Waldbrand in einem EU-Land des 21. Jahrhunderts so viele Todesopfer fordert. ... Der Vorfall zeigt, dass Portugal im Moment nicht in der Lage ist, so einem Brand Herr zu werden. Weder hat es die notwendigen Vorkehrungen getroffen, noch verfügt es über optimal ausgestattete Einheiten, um solche Feuer zu kontrollieren, einzudämmen und zu löschen. Das zeigt nicht nur die Schwäche der Einsatzkräfte, sondern auch den Mangel an entsprechenden Mitteln. Die Wirtschaftskrise und Sparauflagen haben Portugals Spielraum für Investitionen stark eingeschränkt, aber deswegen darf man eine solche Gefahr nicht aus den Augen verlieren. ... Die Tragödie muss die Brandbekämpfung zur Priorität in ganz Südeuropa machen.“
Portugals Terror ist das Feuer
Längst überfällige Konsequenzen aus dem Waldbrand fordert Público:
„Seit mindestens 50 Jahren hören wir Experten stets das Gleiche sagen. Jedes Jahr fragen wir nach den Ursachen. Jedes Mal kriegen wir zu hören, dass sich alles ändern wird. Doch das passiert nie! Warum? ... Portugal kann sich nicht mal mehr im Spiegel anschauen und sich als dritt-friedlichstes Land [laut dem Ende Mai veröffentlichten Global Peace Index 2017] feiern. Ein Land ist nicht sicher, nur weil es weit ab von Paris, London oder anderen Orten liegt, wo der Terror an die Tür klopft. Unser Terror ist dieser: Jahr für Jahr stirbt dieses Land im Feuer. ... Dieses Mal dürfen wir nicht vergessen. Was diesmal passiert ist, darf nicht einfach mit einem Achselzucken abgetan werden. Wir müssen Rechenschaft einfordern. ... Und das heißt auch, endlich über politische Verantwortung und politische Konsequenzen zu sprechen.“