Wie nahe steht Trump den Rechtsradikalen?
US-Präsident Trump hat erneut die rassistische Gewalt in Charlottesville relativiert. Mehrere Wirtschaftsbosse verließen daraufhin eines seiner Beratergremien, zahlreiche Demokraten und Republikaner kritisierten die Aussagen des Präsidenten. Lob erhielt er von führenden Rechtsextremisten. Unbeirrt treibt der US-Präsident einen Keil in die Gesellschaft und vergiftet das nationale Klima immer weiter, konstatieren Kommentatoren.
Republikaner sind zu nachsichtig mit Trump
Dass sich nicht mehr Kongressabgeordnete der Republikaner von den Tiraden ihres Präsidenten distanzieren, findet The Economist schändlich:
„Viele hielten sich die Augen zu und unterstützten Trump, weil sie dachten, dass dieser ihre Agenda vorantreiben würde. Dieses Arrangement hat sich nicht ausgezahlt. Trump ist kein Republikaner, sondern der Solo-Star in seinem eigenen Drama. Indem die Republikaner im Kongress ihr Schicksal an das von Trump knüpfen, schaden sie ihrem Land und ihrer Partei. Seine rüpelhaften Versuche, Klartext zu reden, führten lediglich dazu, das nationale Klima zu vergiften. ... Anstatt bei seinen Ausbrüchen Nachsicht zu zeigen, weil sie hoffen, dass diese letztlich eine positive Veränderung bringen werden, müssen die republikanischen Abgeordneten diese verurteilen. Die Besten von ihnen haben das diese Woche getan. Andere sollten folgen.“
Politik der Polarisierung
US-Präsident Trump hat den Abbau von Südstaaten-Denkmälern kritisiert. Damit schlägt er den Bogen von der Gewalt der Extremisten in Charlottesville zur Verherrlichung von Sklaverei, klagt der US-Journalist Alexander Stille in La Repubblica:
„Er geht auf Emotionen ein, die seine Wählerschaft vielleicht vereinen können: die extremistischste Fraktion mit der gemäßigten Mehrheit. Letztere lehnt die Gewalt zwar ab, glaubt jedoch, dass der weiße Mann vernachlässigt, ja sogar verfolgt wird von einer politischen Welt, die auf der Seite der Minderheiten und der politischen Korrektheit steht. ... Seine Strategie ist es, die Debatte von konkreten Themen, wie die Gesundheits- und Steuerreform, auf Identitätsfragen zu lenken. ... Den Keil immer tiefer in die Gesellschaft zu treiben, kann allerdings auch für Trump zu einem gefährlichen Spiel werden.“
Eine historische Dummheit
Trumps Kehrtwende ist eine Dummheit von historischer Dimension, meint Libération:
„Schlimmer noch, es ist auch eine Beleidigung der US-amerikanischen Identität, wie sie sich durch so viele Kämpfe herausgebildet hat. ... Indem er offen rassistischen Bewegungen entgegenkommt, bekommt dieser Auftritt eine historische Bedeutung. Noch nie hat ein US-Präsident den Prinzipien dermaßen widersprochen, auf denen die Demokratie seines Landes basiert. Indem er implizit weißen Rassismus guthieß, beleidigte er die Autoren des 14. Amendments der US-Verfassung, auf die Trump seinen Eid geschworen hat und in der steht, dass jeder US-Amerikaner die gleichen Bürgerrechte genießt, völlig unabhängig von seiner ethnischen Abstammung.“
Trump ist ein Rassist
Die Worte und Taten von Präsident Trump lassen nur einen Schluss zu, kommentiert die Tageszeitung Phileleftheros:
„Die Tatsache, dass er die Rechtsextremen braucht, ist nicht der einzige Grund, warum er sie unterstützt. In seinem tiefsten Inneren ist er einer von ihnen. Dies zeigen seine Worte und Werke. Er ist der Präsident, der die wenigsten Frauen in der Regierung hat, der mit den schlimmsten Worten über sie geredet hat. Er ist der Präsident, der Dekrete gegen die Einreise bestimmter religiöser Gruppen erlassen hat. Er ist der Präsident, der jedes Mal, wenn ein Afroamerikaner von einem weißen Polizisten getötet wird, über Bekämpfung der Kriminalität redet. Kurz gesagt, er ist ein Rassist.“
Der Ku-Klux-Klan bedankt sich
Man kann Donald Trump vieles vorwerfen, aber jetzt ist er endgültig zu weit gegangen, betont Ilkka:
„Trump hat den Neonazis in Charlottesville seine stillschweigende Billigung erteilt, nachdem einer mit dem Auto in eine Menschenmenge fuhr und dabei einen Menschen tötete. … Für den Präsidenten ist eine Verurteilung der Rassisten schwierig, denn die Mitglieder des Ku-Klux-Klans in den Südstaaten zählen zu seinen Unterstützern. Der Anführer des Ku-Klux-Klans freute sich darüber und bedankte sich öffentlich beim Präsidenten. … Man sollte merken, dass man falsch gehandelt hat, wenn Neonazis anfangen, sich zu bedanken.“
Selbst Republikaner gehen auf Distanz
Trump begreift sich nur als Präsident der tiefrepublikanischen USA und der antidemokratischen Kräfte am äußersten Rand, konstatiert Die Welt:
„Er führt, ein Dreivierteljahr nach seinem Wahlsieg, nicht das Land, sondern eine 'Bewegung', die ihn ins Amt brachte. ... Dass sich diese Bewegung zu radikalisieren scheint, nimmt Trump in Kauf. Doch das ist eine gefährliche Taktik. Je mehr sich Trump mit diesem unappetitlichen Teil der amerikanischen Gesellschaft gemein macht, desto schneller gehen selbst ultrakonservative Republikaner auf Distanz zum Präsidenten. Die Freiheit des Wortes wird in den USA hochgehalten. Sie wird von der großen Mehrheit der Gesellschaft selbst weißen Rassisten oder KKK-Extremisten zuerkannt. ... Aber einen Präsidenten, der Gewalttaten dieser Extremisten indirekt verniedlicht, finden letztlich nur jene akzeptabel, die auch die Gewalttaten bejahen.“
Flucht der Berater trifft Trump hart
Nach Trumps erneuter Relativierung der rassistischen Krawalle in Charlottesville haben mehrere Wirtschaftsbosse ihre Beraterfunktion für den US-Präsidenten aufgegeben. Das wird ihn schwer treffen, stellt der Schriftsteller und Kolumnist, Hugo Camps, in De Morgen zufrieden fest:
„Ihr Widerstand ist umso bedeutsamer als sie das Herz der modernen und innovativen Unternehmen darstellen, die in der Wahl-Rhetorik Trumps der heilige Gral sind. Der Protest der Wirtschaftsgiganten trifft den US-Präsidenten voll in Bezug auf seine Heilslehre von der Bedeutung der Wirtschaft. ... Wirtschaftsbosse scheuen eigentlich öffentliche Debatten und vermeiden es, Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen zu nehmen. ... Doch im Kampf gegen Hass und Intoleranz müssen soziale Schranken wegfallen.“