Wie Finnland auf die Attacke in Turku reagiert
Nach der Messerattacke im finnischen Turku, bei der zwei Frauen getötet und sechs weitere Menschen verletzt wurden, gehen die Ermittler von einem terroristischen Motiv aus. Nun fordert eine Mehrheit der Parteien eine rasche Ausweitung der Kompetenzen des Geheimdienstes. Ist ein neues Nachrichtendienstgesetz sinnvoll?
Mehr Vollmachten sind kein Wundermittel
Auch mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden bieten keinen absoluten Schutz gegen Terroranschläge, erinnert Ilta-Sanomat:
„Finnland hat als eines der ganz wenigen westlichen Länder keine Gesetzgebung für zivile und militärische Aufklärung. Daher können die finnischen Sicherheitsbehörden Gefahrenlagen, die die Sicherheit der Bürger und der Nation bedrohen, nicht gleich im Vorfeld erkennen und verhindern. … Laut eines Berichts aus dem Frühjahr würde ein Gesetz über zivile und militärische Aufklärung beispielsweise der Schutzpolizei und den Streitkräften umfangreichere Vollmachten als bisher einräumen, um etwa E-Mails und SMS der Bürger zu überwachen. … Das Gesetz ist nötig, aber auch kein Allheilmittel. Selbst die effektivste Aufklärungsarbeit kann Messerattacken wie in Turku oder Terroranschläge mit dem Auto wie in Barcelona nicht unbedingt verhindern.“
Höchste Zeit, den Geheimdienst zu stärken
Nach dem Anschlag in Turku muss Finnland das überarbeitete Nachrichtendienstgesetz schnell verabschieden, fordert Kaleva:
„Die Reform des Gesetzes ist lange diskutiert worden und seit Jahren in Bearbeitung. Fakt ist, dass Finnland in Bezug auf die Gesetzgebung zu Nachrichtendiensten hinter der übrigen Welt zurückgeblieben ist. In einer sich verändernden Sicherheitsumgebung ist es wichtig, dass die zuständigen Behörden über mindestens dieselben Mittel zur Informationsbeschaffung verfügen wie in den anderen EU-Staaten. … Auf Dauer kann Finnlands Aufklärung nicht allein von öffentlich zugänglichen Quellen oder dem guten Willen der Sicherheitsbehörden anderer Länder abhängen.“
Licht und Schatten der Gesellschaft
Der Anschlag in Turku hat die guten wie die schlechten Seiten der Gesellschaft offenbart, beobachtet Etelä-Suomen Sanomat:
„In Turku haben unbeteiligte Passanten ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit versucht, eine terroristische Tat zu verhindern und den Täter von den Opfern wegzutreiben. Die Tatsache, dass unter diesen Menschen auch Einwanderer waren, zeigt das Spektrum der finnischen Gesellschaft. In den sozialen Medien wiederum hat der Anschlag nicht geeint, sondern einen Teil der Bevölkerung in sich leidenschaftlich und heftig äußernde Gruppen gespalten: in Einwanderungsgegner und -anhänger. Diese beiden extremen Gruppen müssen noch einiges lernen.“
Vertrauen in Behörden haben
Die Menschen in Finnland dürfen nicht den Fehler machen, die Attacke in Turku mit Aggressionen zu erwidern, warnt Savon Sanomat:
„Auf den Messeranschlag mit Hass, Konfrontation und Hetze zu reagieren, würde die Ziele der Terroristen erfüllen. Schon am Freitag gab es in den sozialen Medien zornige Kommentare, die nicht nur die Terroristen, sondern auch die finnischen Behörden und Politiker scharf kritisierten und verhöhnten. ... Es wäre ein großer Fehler, alle Asylbewerber als Terroristen zu bezeichnen. ... Gleichzeitig muss man aber eingestehen, dass es unter ihnen Terroristen geben kann. ... Die Bürger wären gut beraten, darauf zu vertrauen, dass die Behörden ihre Arbeit gut machen.“