Terror in Spanien: Was nun zu tun ist
Nach dem Anschlag in Barcelona mit 13 Toten und rund 120 Verletzten hat die Polizei mehrere Terroristen erschossen oder festgenommen, weitere sind auf der Flucht. Kommentatoren beschäftigen sich mit den Hintergründen des Terrors und schlagen konkrete Maßnahmen vor, die derartige Anschläge verhindern könnten.
Mangelnde Integration fördert Gewalt
Nach den Anschlägen von Barcelona sollten sich die Spanier Gedanken über ihre Integrationspolitik machen, mahnt Večernji list und erinnert an ähnliche Beispiele in Europa:
„Molenbeek in Brüssel oder Saint-Denis in Paris sind nicht über Nacht entstanden. ... Frankreich hat sich einfach nicht um die ersten Migrantengenerationen aus den ehemaligen Kolonien gekümmert. Sie wurden in Vorstädten untergebracht und als billige Arbeitskräfte für unbeliebte Tätigkeiten eingesetzt. Ähnlich haben sich die Briten benommen. Die neuen Generationen wuchsen in einem Umfeld von Armut, Wut und Unzufriedenheit auf und wandten sich der Kleinkriminalität und radikalen Predigern zu. ... Hier haben sie sich nützlich und akzeptiert gefühlt, als Teil von Etwas. Das Problem ist, dass dieses Etwas zum Ziel hat, alles zu zerstören, was ihrer Ideologie entgegensteht.“
Westen wollte Gefahr nicht wahrhaben
Der Westen hat die Bedrohung durch islamistischen Terror zu spät erkannt, erklärt Toomas Alatalu in Eesti Päevaleht:
„Im Nachhinein ist klar, dass die westliche Zivilisation, der der Krieg erklärt wurde, den islamischen Staat und das Kalifat unterschätzt hat. Diese sind schnell zu einem schmerzhaften inneren Problem geworden, da die unzufriedenen Muslime auch in Europa und den USA sofort bereit waren, dem Aufruf des Kalifats zu folgen. Eine nie zuvor gesehene Wanderung der Kämpfer in den Krieg und zurück begann gleichzeitig mit der enormen Flüchtlingswelle - die Folge des Terrors im Nahen Osten und in Nordafrika.“
Marokko muss mehr Verantwortung übernehmen
Spaniens südlicher Nachbar Marokko muss sich stärker gegen den Terrorismus engagieren, findet El Mundo:
„Die Attentate von Barcelona und Cambrils haben bestätigt, welche Bedrohung der marokkanische Dschihadismus für Spanien darstellt. ... Wie auch in Frankreich und Belgien ist der Anteil von Marokkanern unter den Extremisten höher als der Anteil derer aus anderen muslimischen Staaten. Viele Marokkaner haben in Syrien und im Irak für den Islamischen Staat gekämpft und leben jetzt in Europa. ... Das zeigt, wie notwendig es ist, dass die marokkanischen Behörden eng mit Europa und - wegen der geografischen Nähe - insbesondere mit Spanien zusammenarbeiten, um gemeinsam gegen die terroristische Barbarei zu kämpfen. Es handelt sich um eine kollektive Bedrohung, die auch die Stabilität Marokkos gefährdet.“
Verhindern, dass Autos zu Waffen werden
Immer häufiger werden Autos als tödliche Waffe eingesetzt. Diena lotet Gegenmaßnahmen aus:
„Autohersteller und Straßenplaner stehen vor einer Herausforderung. Schon längst werden automatische Bremssysteme entwickelt, die eingreifen, wenn das Auto in gefährliche Nähe eines Fußgängers rückt. Jetzt soll dieses neue Bremssystem wie ein Sicherheitsgurt in jedes Auto eingebaut werden. Außerdem sollten wir nicht erlauben, dass Laster ins Zentrum der Stadt fahren. Fahrzeuge für Lieferverkehr und Müllentsorgung sollten an die neue Situation angepasst und kleiner werden.“
Alle Spanier leiden mit Katalanen
Was der Anschlag für die geplante Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens bedeutet, analysiert die taz:
„Was feststeht: Die Autonomieregierung bewies im Umgang mit den Attentaten, dass Katalonien tatsächlich als Land funktionieren kann. Die Autonomiepolizei, die die Ermittlungen führt, arbeitet äußerst effektiv. ... Und all das in eigener Regie. Zweifelsohne zeigte dieser Einsatz: Ein unabhängiges Katalonien ist möglich. Allerdings sollten die Katalanen eines nicht vergessen: Die Solidarität im restlichen Spanien ist enorm. Überall werden die Menschen heute in Solidarität für Schweigeminuten auf die Straße gehen. Die Spanier, egal welcher Kultur und Sprache, sind geschockt, leiden mit. Sie empfinden Katalonien als Teil Spaniens. ... Es wäre einen Versuch wert, ein Spanien zu schaffen, in dem alle Platz haben und gemeinsam gegen die Gefahren der Zukunft angehen.“
Mörderische Strategie prallt an Demokratie ab
Der IS wird sein Ziel nicht erreichen, konstatiert Libération:
„Das Herz blutet. Aber die Entschlossenheit steht, wie die spanischen Autoritäten sogleich verkündeten. Die Verbrechenswelle des IS der letzten Monate führt zu einer widersprüchlichen aber starken Feststellung: Trotz seines absoluten Fanatismus hat der IS keinen Erfolg. Die strategische Wiedereroberung der von den Dschihadisten besetzten Gebiete hat sich unerbittlich fortgesetzt. ... Die Bevölkerungen, die von den Killern ins Visier genommen wurden, weigerten sich, ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. ... Trotz des vielen Blutes, trotz der Toten, trotz der sich wiederholenden Tragödien, die den Kontinent mit Blut beschmutzen, prallt die dumme, barbarische Strategie der Mörder an der Widerstandskraft der Demokratie ab.“
Den Terror mit Fassung niederringen
Mit ihrer besonnenen Reaktion erringt die Gesellschaft einen Sieg über den Terror, lobt La Vanguardia mit Sitz in Barcelona:
„Vor 13 Monaten blickte die Welt voller Schrecken nach Nizza. ... Es folgten Berlin, London, Stockholm. Fahrzeuge als Terrorwerkzeuge zu benutzen, ist keine Neuheit mehr, sondern Gewohnheit geworden. Der Dschihadismus will, dass wir uns alle als potenzielle Opfer fühlen und dass wir uns vor Alltagsgegenständen fürchten, die zu Waffen werden können. Aber das einzige, was die Terroristen erreicht haben, ist gefasste Abscheu gegenüber jeglicher Form von Gewalt und tiefe Solidarität mit den Betroffenen. Das ist ein erster Sieg gegen den Terrorismus.“
Primitive Ideologie darf uns nicht dominieren
Der Terror in Europa wird irgendwann vorbei sein, glaubt Corriere della Sera:
„In kaum mehr als einem Jahr gab es acht Anschläge vom gleichen Typ: Ein Kraftfahrzeug rast in eine Menge und metzelt Menschen nieder. Die Mörder haben keine Phantasie, und wir haben kein Gedächtnis. Dieses Verdrängen ist menschlich und verständlich, doch wir können es uns nicht leisten. ... Ein großer Kontinent wie Europa darf sich nicht von den Anschlägen einer primitiven Ideologie ins Bockshorn jagen lassen, die an Territorium und Zustimmung verliert. An Tagen wie diesem müssen wir uns das erneut und mit allem Nachdruck klar machen. ... Doch es besteht kein Zweifel: Der Tag, an dem all dies für immer vorüber sein wird, ist nicht mehr fern. Nur leider wissen wir nicht, wie nah er liegt.“
Barcelona lebt weiter
Der Anschlag in Barcelona zeigt, dass kaum ein Ort noch sicher ist, mahnt De Morgen:
„Dass gerade die gut gesicherten Las Ramblas der traurige Schauplatz eines Anschlags werden können, bestätigt, dass in dieser freien und offenen Gesellschaft fast kein öffentlicher Ort völlig sicher ist. Ein Weihnachtsmarkt, ein Konzert eines Teenageridols, jetzt eine Bummelmeile für Touristen: Für diesen Typus von Terroristen gibt es keine Hierarchie von Zielen mehr. ... Dazu kommt: Die Banalität der Waffe senkt die Hürde für andere potentielle Massenmörder und macht den Schutz besonders schwierig. ... Doch am Ende wird auch in Barcelona eine andere Lehre im Vordergrund stehen, eine Lehre, die wir aus Paris, Brüssel und London mitgenommen haben: Die Stadt lebt weiter, die Gesellschaft geht nicht kaputt.“
Das Auto als einfachste Waffe
Davor, dass Attentäter mithilfe von Fahrzeugen in Menschenmengen rasen, werden wir uns wohl auch in Zukunft fürchten müssen, analysiert Jutarnji list:
„Je strenger die Sicherheitsmaßnahmen, desto öfter werden Attentate mit Fahrzeugen passieren. Denn dafür braucht es weder Sprengstoff noch Training, wie das FBI feststellte. Es braucht keine Terrorzelle und keine strukturierte Organisation - es genügt ein einzelner Fanatiker. Es ist eine Waffe, mit der die Schaltzentralen des Terrors schon lange rechnen. ... Zwischen Chapel Hill 2006 bis Barcelona 2017 gab es 26 Attentate mit Fahrzeugen. Nur in Charlottesville war der Attentäter katholisch, alle anderen waren Muslime.“