Brüssel: Bürger schützen Flüchtlinge vor Polizei
Mit einer Menschenkette haben etwa 2.500 Menschen am Sonntag einen Einsatz der Polizei gegen ein illegales Flüchtlingslager in Brüssel verhindert. Mit ihrer Aktion machten sie auch ihrem Ärger über die Migrationspolitik der Regierung Luft. Viele Zeitungen zeigen für den Protest Verständnis.
Europas Politik hat versagt
Der Journalist Johan Depoortere ist Teil der Bürgerplattform, die den Protest organisiert hat. In De Morgen begründet er die Wut der Aktivisten:
„Die belgische und europäische Migrationspolitik taugt hinten und vorne nicht, mit ihrem skandalösen Türkei-Deal, ihren Konzentrationslagern in Griechenland und den vielen Toten auf See. Müssen die Grenzen geöffnet werden? Nein, im Gegenteil: Kein Land kann sich einen unkontrollierten Zustrom erlauben. ... Wenn man aber legale, kontrollierte Immigration unter sicheren Umständen unmöglich macht, dann bekommt man das, was wir heute erleben: Tausende Tote im Mittelmeer und massenhaft Jugendliche, die mit der illusorischen Hoffnung auf ein besseres Leben durch Europas Straßen irren.“
Das Dilemma des Engagements für Flüchtlinge
De Standaard warnt den Staat vor zu harschen Gegenmaßnahmen:
„Die Transitmigranten haben die Wüste und die See überlebt, die Hölle von Libyen und die Schlangengrube der Schmuggler in Europa. Nichts kann sie stoppen. ... Sie fordern freie Fahrt in die Illegalität in Großbritannien. ... So aber entsteht ein Gewissenskonflikt. Wer ihre humanitäre Not lindert, hilft ihnen weiter, hält aber auch die Routen aufrecht. Wer ihre Not nicht lindert, lässt Menschen in erbärmlichen Umständen zurück. Im Einzelfall muss man sich für das Humanitäre entscheiden. Aber als Prinzip prallt dieses Engagement auf das rechtstaatliche System. ... [Der Staat sollte] Freiheiten respektieren, Menschlichkeit wahren und sparsam mit Repression umgehen. Den Gewissenskonflikt anzuerkennen wird helfen, eine von einem breiten Konsens getragene Lösung zu finden.“