Nach der Wahl: Zehntausende Ungarn auf der Straße
In Budapest haben am Samstag zehntausende Ungarn gegen den frisch wiedergewählten Premier Orbán und seine rechtsnationale Regierung demonstriert. Sie forderten unter anderem eine Änderung des Wahlsystems und die Wahrung der Pressefreiheit. Begeisterten Applaus gibt es im einen Teil der ungarischen Presse, harsche Kritik im anderen.
Wir sind als Fidesz-Gegner nicht allein
Publizist Àrpád Tóta W. war bei der Demonstration dabei und kommentiert sie in der Wochenzeitung hvg so:
„Dieser Abend hat einem enttäuschten und erstickenden Ungarn gut getan, das mit Recht nach Luft und Raum verlangt. Es reichte, über den Platz zu blicken, um zu erkennen: Die Nation hat nicht geschlossen für den Fidesz gestimmt, sondern mindestens zu gleichen Teilen gegen ihn. Das ist an sich ein normaler Zustand. Nur ist es eben nicht normal, wenn eine Regierung alle außer ihre eigenen Wähler wie Luft behandelt. Das hat die Massen auf die Straße getrieben. Und dort sahen wir, dass wir wirklich nicht alleine sind.“
Demonstration gegen die Demokratie
Die Unmutsbekundungen der Bürger kommen zu spät, meint der Journalist Szilárd Demeter in Origo:
„Mit seinem Ergebnis hätte der Fidesz in jedem demokratischen System die Wahl gewonnen. Das kann man für jedes europäische Wahlsystem durchrechnen. Wenn ihr also zu Tausenden aufmarschiert und Neuwahlen fordert, dann tötet ihr die Demokratie. Ihr demonstriert nicht gegen den Fidesz, sondern gegen die Demokratie und den Willen der Mehrheit der Wahlberechtigten. ... Mit dieser Demonstration behauptet ihr, dass nur die Wahlen demokratisch sind, die ihr gewinnt. Das aber nennt man Diktatur. Damit macht ihr jetzt kaputt, was Europa zu Europa macht.“