Belgrad: Kroatischer Staatsbesuch endet mit Eklat
Der Besuch einer kroatischen Delegation in Belgrad sollte einen Wendepunkt in den Beziehungen zwischen Kroatien und Serbien markieren. Doch der serbische Nationalist Šešelj trat vor dem Parlament die kroatische Flagge mit Füßen und beleidigte die Gäste, die ihren Staatsbesuch daraufhin abbrachen. Kroatische und serbische Medien glauben, dass der Eklat Serbiens Politikern nicht ungelegen kommt.
Unglaubwürdige Rechtfertigungen
Dass niemand in Belgrad den Eklat verhindert hat, empört Danas:
„Es war mehr als vorhersehbar, dass der Besuch der kroatischen Delegation eine einmalige Chance für Šešelj ist, eine Performance abzuhalten. ... Daher erscheint es unglaubwürdig, dass die Staatsspitze so überrascht von Šešeljs Vandalismus ist. Noch weniger überzeugend wirkt, dass der Sicherheitsdienst des Parlaments Šešelj und seiner Handvoll Adjutanten angeblich die kroatische Flagge nicht abjagen konnte. Moment mal! Was ist das für ein Sicherheitsdienst, der es nicht einmal schafft, einen fetten Kerl und zwei, drei Provinzrausschmeißer, die keine Ahnung von Kampfkunst haben, zu überwältigen? Was wäre denn, wenn das Parlament von gut ausgebildeten und bewaffneten 'albanischen Terroristen' angegriffen würde?“
Das riecht nach Ablenkungsmanöver
Im Nachgang des Vorfalls mit Vojislav Šešelj wurde dem serbischen Verteidigungsminister Vulin nach provokanten Äußerungen die Einreise nach Kroatien verboten. Jutarnji List glaubt an eine kalkulierte Inszenierung:
„Nach dem Zirkus, den Vojislav Šešelj während des Besuchs der kroatischen Delegation in Belgrad veranstaltet hat (von dem viele glauben, er wurde von der serbischen Politik initiiert) und der 'Drohung' von Vulin, mit der serbischen Armee nach Kroatien zu kommen, kann dies kein Zufall mehr sein. Bei der ganzen Geschichte handelt sich wahrscheinlich um ein Ablenkungsmanöver für die serbische Öffentlichkeit, um von anderen Themen abzulenken, wie dem immer größeren Druck des Westens, das Kosovo anzuerkennen.“
Ein Schritt vorwärts, zwei zurück
Der Zwischenfall wird das Verhältnis zwischen Kroatien und Serbien neu belasten, analysiert Jutarnji list:
„Die Geschichte der kroatisch-serbischen Beziehungen scheint sich in den letzten zwanzig Jahren stets nach dem Prinzip 'ein Schritt vorwärts, zwei zurück' zu wiederholen. Der hässliche und unzivilisierte Belgrader Zwischenfall vor dem serbischen Parlament und auf dessen Fluren wird das Verhältnis der beiden Staaten gerade in dem Moment wieder belasten, in dem es anfing, sich zu bessern. ... Der Parlamentspräsident und die Delegation hatten keine andere Option, als ihren Besuch abzubrechen. Jeder Politiker hätte dies nach solch einem Zwischenfall getan und Jandroković und die Abgeordneten haben dadurch die Integrität Kroatiens gewahrt.“
Serbien hat sich total blamiert
Večernji list erinnert daran, dass der Besuch des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić in Zagreb im Februar ganz anders ablief:
„Vučić erhielt, im Sinne seiner Sicherheit, einen fürstlichen Empfang in Kroatien. Sowohl, was seine persönliche Sicherheit als auch, was den Respekt serbischen Staatssymbolen gegenüber betrifft. ... Trotz aller Unzufriedenheit war Kroatien Aleksandar Vučić ein guter Gastgeber. Serbien jedoch hat sich blamiert oder vielleicht bewusst zugelassen, dass der Kriegsverbrecher Vojislav Šešelj randaliert. Schlussendlich hat Šešelj mit seiner Schweinerei (dem Treten der kroatischen Flagge und Beleidigen unserer Delegation) am meisten Serbien geschadet, das einem EU-Beitritt dadurch sicher nicht näher gekommen ist.“