Abbas macht Juden für Holocaust verantwortlich
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hat in einer Rede dem jüdischen Volk die Verantwortung für den Holocaust gegeben und Juden vorgehalten, diesen durch ihr "soziales Verhalten" ausgelöst zu haben. Europas Kommentatoren verurteilen die Aussagen als antisemitisch und diskutieren die Folgen für den israelisch-palästinensischen Konflikt.
Rote Linie überschritten
Für tagesschau.de hat sich Abbas als Partner der EU völlig disqualifiziert:
„Dass Palästinenserführer Mahmoud Abbas den Juden die Schuld an der Shoa gibt, ist schlicht widerlich. Hier gibt es nichts zu diskutieren und zu deuteln. ... Nach seinen jetzigen Bemerkungen ... sollte sich die Europäische Union überlegen, ob sie Abbas wirklich weiterhin zur Seite stehen will. Der Palästinenserpräsident hat durch seinen unverhohlenen Antisemitismus eine rote Linie überschritten und verdient vorerst keine Unterstützung mehr. Und die politische Rechte in Israel dürfte sich bei aller Ungehörigkeit der Abbas'schen Äußerungen ins Fäustchen lachen. Denn diese werden ihre radikale Siedlungspolitik nur beflügeln. Fragt sich, wie es jetzt im Nahostkonflikt weitergeht.“
Solch abstruse Theorien sind überflüssig
Der Anspruch der Palästinenser auf einen eigenen Staat kann nicht darauf aufbauen, den Anspruch der Juden auf den ihren zu untergraben, kritisiert The Guardian:
„Mahmud Abbas versucht, den Holocaust zu verharmlosen oder gar die Juden dafür verantwortlich zu machen, weil dieser aus der Sicht vieler den moralischen Anspruch auf einen jüdischen Staat untermauert. Daher hält Abbas auch an abstrusen Theorien fest, wonach die europäischen Juden keine echten Juden seien oder es keine historische Verbindung zwischen Juden und Palästina gebe. Abbas erkennt dabei nicht, dass eine Zweistaatenlösung solche Argumente überflüssig macht. Es ist möglich, die Meinung zu vertreten, dass sowohl Juden als auch Palästinenser einen legitimen Anspruch auf dasselbe Land haben - und daher beide ein Recht auf einen eigenen Staat haben.“
Ignoranz verhindert Dialog mit Europa
Aus den Äußerungen spricht das Unverständnis für die Bedeutung der Judenverfolgung, erklärt Schriftsteller Wlodek Goldkorn in La Repubblica:
„Dahinter steht die Tatsache, dass die Palästinenser und Araber nicht begriffen haben, was die Schoah bedeutet. Und so lange sie es nicht begreifen, werden ihnen die kulturellen Instrumente fehlen, um sich mit Israel auseinanderzusetzen, aber auch mit Europa, seiner Erinnerung, seiner Identität. Mit anderen Worten: Nakba gehörte mit all seinem Greul zum Prozess der ethnischen Neuordnung der Welt, die sich zwischen 1945 und 1948 vollzog. ... Der Holocaust hingegen ist etwas anderes. Er ist die Katastrophe des Westens, der Modernität, der Episteme selbst, weil das Verhältnis von Ursache und Wirkung, der Kausalzusammenhang aufgehoben wurde. Deshalb war der Wiederaufbau des Westens an die Gründung des jüdischen Staates geknüpft.“