Regierungsbildung in Italien gescheitert
Zwei Monate nach der Wahl in Italien ist eine Regierungsbildung gescheitert: Keine Partei kann allein regieren, keine wollte Kompromisse machen. Präsident Mattarella schlug nun die Bildung einer "neutralen Regierung" bis zur Neuwahl vor, doch Lega-Chef Salvini und der Vorsitzende des Movimento Cinque Stelle, Di Maio, lehnten dies ab. Kommentatoren geben ihrer Empörung und Sorge Ausdruck.
Hoffentlich kommt die Quittung der Wähler
Dass die Parteichefs von Lega und Movimento Cinque Stelle den Vorschlag von Präsident Mattarella rundweg ablehnten, empört La Stampa:
„Wenn dem Schiedsrichter nicht mehr die Möglichkeit gegeben wird, das Spiel anzuhalten; wenn sein Vorschlag schon abgeschmettert wird, bevor er ihn überhaupt erläutern konnte; wenn es die Spieler sind, die ohne jeglichen Respekt die Bedingungen diktieren - dann kann man nicht mehr nur von einer politischen Krise reden. ... So etwas hat es in den 60 Jahren der Geschichte der Republik noch nicht gegeben. ... Es mag zwar stimmen, dass man sich an alles gewöhnt. Doch vielleicht diesmal nicht. ... Wer weiß, ob die Italiener, nachdem sie erlebt haben, was gestern geschah, sich bei der nächsten Wahl nicht anders entscheiden werden.“
Eigennützige Demagogen
Lega und Movimento Cinque Stelle sind allein zu destruktiven Bündnissen in der Lage, schimpft auch La Repubblica:
„Von Eigeninteressen geblendet haben sie all ihre Unzulänglichkeit offenbart, eine auch nur im weitesten Sinne konstruktive Haltung einzunehmen. Sie waren und sind weiterhin in der Demagogie gefangen, die es ihnen erlaubt hat, sich zu behaupten - nicht aber zu siegen. Auf der populistischen Welle verwechseln sie die Interessen der Italiener mit den politischen oder wahltaktischen Interessen des Movimento Cinque Stelle und der Lega. Beide jagen sie einer Art Wiedergeburt durch die Urnen von morgen hinterher, weil sie nicht in der Lage sind, die Realität von heute zu bewältigen. Die Bedürfnisse des Landes und seiner Bürger wurden beschworen, doch faktisch wurden sie in den Wind geschlagen und dem persönlichen Gewinn geopfert.“
Neuwahl kann endgültige Katastrophe bringen
Aufatmen kann die Süddeutsche Zeitung nur vorerst:
„Nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche scheint eine Gefahr fürs Erste gebannt zu sein: Die Protestbewegung Cinque Stelle und die Rechtspartei Lega haben nicht zueinandergefunden. Eine europafeindliche, russlandfreundliche, populistische Regierung wäre verheerend für das Land und den Kontinent gewesen. Die Gunst der Wähler für die beiden Parteien ist jedoch ungebrochen, das zeigen alle Umfragen. Und so ist zu befürchten, dass bei den nächsten, bald fälligen Wahlen eine wirkliche Katastrophe in Italien geschehen wird: Dann werden Lega und Cinque Stelle das Parlament wohl konkurrenzlos beherrschen wie Pest und Cholera.“