Rückt auch Slowenien nach Rechts?
In Slowenien hat die Partei SDS des rechtskonservativen Oppositionsführers und Ex-Premier Janez Janša mit 25 Prozent der Stimmen die Parlamentswahl gewonnen. Unter anderem möchte er das Land nach dem Vorbild Ungarns vor Migranten abschotten. Kommentatoren diskutieren, ob es Janša gelingt, Orbán nachzueifern und Slowenien in die Reihe der rechtspopulistisch regierten Staaten einzureihen.
Eine Formel, die immer funktioniert
Besorgt über den erneuten Siegeszug von Rechtskonservativen in Europa zeigt sich Público:
„In Slowenien wiederholt sich ein bereits bekanntes Szenario: Eine junge Demokratie gibt sich einem Populisten hin, dem es nichts ausmacht, mit Klischees die grundlegendsten Ängste zu schüren. ... Von außen scheint die 'Demokratiekrise' in Slowenien nur schwer zu verstehen: Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum 2018 liegen bei 5,1 Prozent und die Angst vor Migranten steht völlig im Widerspruch zu der Realität in einer kleinen Nation, die 2015 und 2016 nur 200 Menschen aufgenommen hat. ... Dies zeigt, dass es genügt, die Formel von Trump, Orbán, Kaczyński und anderen zu wiederholen, um an die Macht zu kommen. ... Es gibt berechtigte Gründe, sich um die Zukunft zu sorgen: Diese Formel funktioniert und wird auch woanders angewandt werden.“
Janša ist nicht Orbán
Zwar hat der Rechtspopulist Janša ein beachtliches Ergebnis erzielt, aber von der Popularität Orbáns ist er weit entfernt, glaubt hingegen Keskisuomalainen:
„Janša hat nur schwache Aussichten auf eine dritte Amtszeit, denn die Mehrheit der Parlamentssitze ging an Parteien, die die Zusammenarbeit mit Janšas SDS abgelehnt haben. ... Die Regierungsverhandlungen dürften schwierig werden. Mit dem Erfolg Janšas, der zu den Veteranen der europäischen Rechtspopulisten gehört, setzt sich der Siegesmarsch der einwanderungsfeindlichen Konservativen in den östlichen EU-Mitgliedsländern fort. Ungarns Premier Orbán hat Janšas Wahlkampagne prominent unterstützt. Zum Glück für die EU ist aber Janšas Ergebnis von den Stimmen, die Orbán im April bekommen hat, weit entfernt.“
Durchmarsch der Rechtspopulisten gescheitert
Weshalb Janšas Sturm auf das Establishment gescheitert ist, erklärt die Neue Zürcher Zeitung:
„Unter anderem, weil er selber dazugehört. Der 59-Jährige war zweimal Ministerpräsident gewesen, bevor er wegen Unregelmässigkeiten bei der Rüstungsbeschaffung ins Gefängnis musste. Wenn er nun versucht, als Saubermann den Besen zu schwingen, überzeugt das nicht. Seinen Populismus hatte Janša bei Viktor Orbán abgeschaut, der ihn im Rahmen seiner osteuropäischen Allianzpolitik auch aktiv unterstützte: Thema Nummer eins war, natürlich, die Migration. Aber Janša wirkte auch da nicht besonders glaubwürdig. ... Auch ein anderer Schwerpunkt seiner Kampagne zog nicht recht: der Streit mit Kroatien über die Grenze. ... [J]eder Slowene weiss, dass der Grenzkonflikt zwischen zwei EU-Staaten nicht eskalieren wird, dass auch die Kroaten eine friedliche Lösung im Rahmen der EU suchen.“
Janša bringt zu viele Altlasten mit
Trotz ihres Wahlsiegs wird die SDS von Ex-Premier Janez Janša wohl nicht regieren, meint hvg:
„Viktor Orbán hat für den Sieger Janša Wahlkampf gemacht und die rechtsgerichtete, slowenische Partei hat auch seine schrille, einwanderungsfeindliche Kampagnentechnik übernommen. Doch dessen Verbündeter aus Ljubljana war mit Unterbrechungen schon acht Jahre an der Regierung. Und wegen Janšas Skandalen aus dieser Zeit ist nur die Partei NSi bereit, entsprechend ihrer Ankündigungen, mit ihm eine Koalition zu bilden - wie Der Standard schreibt. (Janša saß sogar kurz im Gefängnis.) So wird der Sieg wohl nicht fürs Regieren reichen.“
Zwei schwierige Alternativen
Nach der Wahl sieht Jutarnji list zwei politische Szenarien:
„Sollte Janez Janša an die Macht kommen, wird sich Slowenien mit Ungarn und wahrscheinlich Polen verbünden. Und auch mit der neuen populistisch-xenophoben Regierung in Italien wird sich Janša gut verstehen. Die österreichischen radikal-rechten Freiheitlichen [FPÖ] werden in Ljubljana gern gesehene Gäste sein. ... Sollte die Linke die Regierung bilden, muss Marjan Šarec sagen, was er eigentlich will. Seine letzten Aussagen waren sehr gegen Fremdenfeindlichkeit gerichtet, doch man ist besorgt über Ankündigungen, dass ihn das bestehende Establishment stört. Außerdem handelt es sich um einen Politiker ohne die nötige Erfahrung für den Posten des Premiers, was ein Problem sein könnte.“
Auch Neuwahlen sind möglich
Mit Blick auf eine möglicherweise komplizierte Regierungsbildung schließt Večer Neuwahlen nicht aus:
„Slowenien steht eine Zeit politischer Instabilität bevor. ... Auf die neue Regierung warten das Schiedsabkommen mit Kroatien, der Verkauf der größten slowenischen Bank NLB, Streiks im öffentlichen Sektor, sowie die Gesundheits- und Rentenreform. ... Nichts ist ausgeschlossen, nicht einmal, dass wir bald wieder wählen müssen. Deshalb konnte gestern in Wahrheit niemand feiern, auch wenn einige gedacht haben, das Ergebnis hätte auch schlechter ausfallen können. Vielleicht ist bei all dem noch das größte Glück, dass wir in Zeiten des Wirtschaftswachstums leben. Doch wie lange noch?“
Erneuter Sieg für Politik der Abschottung
Auch in Slowenien gewinnt ein Politikansatz, der gerade überall Schule macht, klagt La Stampa:
„Es war absehbar, dass eine rechtskonservative Partei siegt, die bisher in der Opposition war, und auf einen Kandidaten setzt, der den Ungarn Viktor Orbán sowie Donald Trump kopiert, um wieder ins Rampenlicht zu treten. Janša verspricht eine harte Anti-Migrationspolitik, mehr Sicherheit und Patriotismus - ein 'Slowenien First' mit anderen Worten. Doch er hat nicht ausreichend Stimmen, um alleine zu regieren. Somit steht auch Slowenien vor einer turbulenten Phase der Regierungsbildung. Auf Platz Zwei landete mit 13 Prozent die anti-systemische Liste von Marjan Šarec [LMS], dem Ex-Komiker und heutigen Bürgermeister von Kamnik, der mit der politischen Kaste ein Hühnchen rupfen will. LMS könnte das Zünglein an der Waage sein.“