Ungarn bekämpft Flüchtlingshelfer mit neuem Gesetz
In Ungarn droht Menschen ab sofort eine Gefängnisstrafe, wenn sie "Beihilfe zur illegalen Migration" leisten und zum Beispiel Flüchtlingen, die nicht verfolgt werden, helfen, Asylanträge einzureichen. Mit nur fünf Gegenstimmen verabschiedet wurde zudem eine Verfassungsänderung, wonach künftig keine "fremde Bevölkerung" in Ungarn angesiedelt werden darf. Kommentatoren, nicht nur in Ungarn, sind bestürzt.
Unmenschlich und heuchlerisch
Die von Budapest "Stop-Soros-Paket" genannten Gesetze sind entsetzlich, kritisiert der letzte Chefredakteur der eingestellten linken Zeitung Népszabadság, András Murányi, in Zoom:
„Dieses Gesetz und diese Verfassungsänderung zitieren schreckliche Geister vergangener Epochen und sind die Arbeit von Stümpern. Das hat zur Folge, dass Ungarn - wenn wir voraussetzen, dass es das bislang war - aufgehört hat, ein Land zu sein. Von jetzt an können wir auf dieser etwa 93.000 Quadratkilometer großen Fläche zwei Gruppen unterscheiden, eine unmenschliche, heuchlerische Garnitur (die Macht und ihre Geschäftspartner) und eine assistierende, sich selbst suchende, impotente Truppe (siehe hierzu: Opposition).“
Neues Gift aus Ungarn
Die Süddeutsche Zeitung sieht in dem Gesetzespaket einen gezielten Affront gegen die EU:
„[D]ie Ungarn haben die Bitte des Europarats ignoriert, mit der Abstimmung zu warten, bis dessen Stellungnahme vorliegt. Orbán streut so neues Gift in die europäische Flüchtlingsdebatte. Seine Verbündeten dürften versuchen, bei den anstehenden Verhandlungen den Rückenwind aus Budapest für sich zu nutzen. Wessen Horizont über die nächste Landtagswahl hinausreicht, tut gut daran, sich dagegen zu verwahren - und auf der Seite der Versachlicher an europäischen Lösungen mitzuarbeiten.“
Orbán schmiedet Allianz gegen Westeuropa
Auch dieses ungarische Gesetz wird in der Region bald Nachahmer finden, warnt die Neue Zürcher Zeitung:
„Dass Orbán nicht nur ein Machtpolitiker ist, sondern auch ein produktiver Ideologe, bewies er 2014 mit der Propagierung der 'illiberalen Demokratie'. Sie wird heute vielerorts in Südosteuropa praktiziert. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić hat das Konzept schlüssig umgesetzt und regiert ohne wirkliche Kontrolle durch Parlament und Justiz, legitimiert einzig durch das Plebiszit der Bürger. ... In Mazedonien ist Orbán ein wichtiger Verbündeter der Nationalkonservativen. ... Orbán baut zielstrebig an einem regionalen Machtzentrum, mit dem er der ideologischen Vorherrschaft der liberalen Westeuropäer in der EU die Stirn bieten will. In dieser Rolle sollte das kleine Ungarn nicht unterschätzt werden.“