Spaniens Regierung will Franco exhumieren lassen
Die monumentale Grabstätte Francos ist der neuen spanischen Regierung ein Dorn im Auge. Sie will den Leichnam des von 1939 bis 1975 brutal herrschenden Diktators umbetten lassen. Spanien könne sich nicht länger Symbole erlauben, die die Bevölkerung spalten, sagte Premier Sánchez. Kann die Exhumierung die Gesellschaft einen?
Nicht die falschen Wunden aufreißen
Die Umbettung der Leiche Francos spaltet die spanische Gesellschaft, kritisiert der Politologe Víctor Lapuente in El País:
„Die Exhumierung Francos reißt alte Wunden auf. Das ist an sich nicht schlecht. Das Problem besteht darin, dass es die falschen Wunden sind - die, die uns teilen; die, die Erinnerungen an den Schaden wachrufen, den uns 'die Anderen' zugefügt haben. Und nicht die Erinnerungen an die Fehler, die 'die Unsrigen' begangen haben - was der erste Schritt zu einer ehrlichen Versöhnung wäre. Darin bestand die große Leistung der Transition. ... Nun ist es genau andersherum. Statt mit den eigenen Leuten zu diskutieren, um den Zusammenhalt mit den anderen zu suchen, streiten wir mit den anderen, um den eigenen Zusammenhalt zu stärken.“
Meilenstein für Spaniens Demokratie
Die Exhumierung des früheren Diktators ist der richtige Schritt, findet hingegen The Guardian:
„Es bringt nichts, alte Kriege sinnlos neu zu führen. Doch die Exhumierung Francos ist ein notwendiger Schritt in der letzten Phase der historischen Entwicklung Spaniens, weg von autoritärer Gewaltherrschaft, hin zu einer beständigen Demokratie. Regierungschef Pedro Sánchez geht ein politisches Risiko ein. Doch bei dieser Entscheidung geht es nicht nur darum, Gerechtigkeit gegenüber den Familien jener durchzusetzen, die unter und wegen Franco gelitten haben, obwohl das sehr wichtig ist. Es geht auch darum, der Lebendigkeit eines pluralistischen Spaniens in einem pluralistischen Europa Geltung zu verschaffen. Es geht um die Gegenwart, nicht um die Vergangenheit.“