Urheberrecht: EU läutet Zeitenwende im Netz ein
EU-Unterhändler haben sich vorläufig auf die umstrittene Reform des EU-Urheberrechts inklusive Leistungsschutzrecht geeinigt. Suchmaschinen sollen für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen, Plattformen müssen Urheberrechtsverletzungen verhindern. Verleger zeigten sich zufrieden, Verbraucherschützer befürchten Zensur im Internet. Was ist die Tragweite der Reform?
Reform verhindert kulturelle Verarmung
Die Urheberrechtsreform ist ein Sieg für die Kreativbranche, jubelt L'Echo:
„Jede Arbeit - auch die künstlerische - verdient eine Entlohnung. Ohne diese werden Kunst, Kultur und auch das Wissen weiter erodieren und der zunehmenden Diskrepanz bei der Aufteilung von Werbeerlösen aus dem Internet zum Opfer fallen. Aufgrund der Gier einiger in Kalifornien angesiedelter Firmen würde unsere Gesellschaft ohne die Reform zu kulturellem Brachland. Die Entwicklung ginge zu Lasten Tausender Freischaffender und KMUs, die mit den Kolossen nicht mithalten können. Auch auf die Presse dürfte sich die Reform positiv auswirken, denn die Richtlinie dürfte eine Revolution im digitalen Bereich auslösen.“
Generation von Dieben muss umlernen
Kommt das neue Urheberrecht, müssen sich die User völlig verändern, macht Denik aufmerksam:
„Wir haben uns daran gewöhnt, dass im Internet alles umsonst ist. Lieder, Filme, Serien, Bücher, Pornos, Rezepte, Essays, Artikel. ... Das Schlechte ist, dass dadurch wertvolle Dinge wie Musikaufnahmen, Qualitäts-Zeitungen, Informationen oder Filme an Wert verloren haben. Die EU versucht nun, die Welt der großen Internetdiebe zu ändern und ihr Regeln zu geben. Regeln, die dafür sorgen, dass sie für Dinge bezahlen müssen. Und die deutlich machen, dass man nicht stiehlt. Eine ganze Generation zu ändern, für die das Stehlen im Internet völlig normal geworden ist, wird allerdings schwierig werden.“
Kleinkrieg gegen Tech-Giganten
Vielleicht auch notgedrungen setzt Brüssel im Kampf gegen Google, Amazon & Co auf die Kraft des Rechts, erklärt die Wiener Zeitung:
„Europa macht Ernst mit seiner Kampfansage an die digitalen US-Konzerne und deren in jedem Sinne überwältigende Marktmacht. Nicht in einer großen Schlacht, sondern - wie es der physischen wie psychischen Natur der Europäischen Union entspricht - in Form eines zermürbenden Kleinkriegs, der Google, Facebook, Amazon & Co in eine Vielzahl kleinerer wie größerer rechtlicher Auseinandersetzungen verwickelt. Für alles andere würde Europa sowohl die Struktur als auch die politische Kraft fehlen. Das Recht muss es richten, nicht die nackte Macht.“