Sardinien-Wahl: Italien vor neuen Umwälzungen?
Bei der Regionalwahl auf Sardinien hat die Fünf-Sterne-Bewegung eine Schlappe erlitten. Sie kam nur auf rund zehn Prozent - während sie bei der Parlamentswahl 2018 noch über 40 Prozent geholt hatte. Gewonnen hat das Bündnis aus autonomistischer Regionalpartei und Lega. Europas Presse blickt auf ein Stimmungsbarometer für die populistische Koalition in Rom und die Europawahl.
Die Fünf Sterne verglühen
Als tragisch beschreibt die Schwächung der Fünf-Sterne-Bewegung Der Standard:
„In der Regierung konnten die Fünf Sterne ihre Übermacht nie ausspielen - im Gegenteil: ... Lega-Chef Matteo Salvini führt seine unerfahrenen, meist völlig ahnungslosen Koalitionspartner vor wie Tanzbären. Das wird noch so lange andauern, bis Salvini sie nicht mehr benötigt und die Regierung platzen lässt, um Giuseppe Conte als Premier zu beerben. Doch zu Schadenfreude besteht kein Anlass: Viele Ideen und Vorschläge von Beppe Grillo waren richtig; und für hunderttausende junge Arbeitslose im armen Süden hatten die Fünf Sterne so etwas wie eine letzte, vage Hoffnung dargestellt. Jetzt bleibt ihnen noch bloß der rüpelhafte Mailänder Salvini, der sie vor kurzem noch als 'stinkende Faulenzer' bezeichnet hat.“
Italien bekommt stramme Rechtspartei
Die Lega ist im Aufwind, stellt Journal 21 fest:
„Es wird erwartet, dass die Lega bei den Europa-Wahlen im Mai, die als Test gelten, ein starkes Ergebnis erzielt. Wahrscheinlich ist, dass der Lega-Chef daraufhin die Regierung stürzt und die schwächelnden Cinque Stelle, die ideologisch weit von ihm entfernt sind, aus dem Boot wirft. Die Agentur Fitch prophezeite am Freitag Neuwahlen in der zweiten Hälfte dieses Jahres. Anschliessend würde Salvini wohl versuchen, die serbelnde [kränkelnde] Berlusconi-Partei 'Forza Italia' und die postfaschistischen 'Fratelli d’Italia' aufzusaugen. Italien hätte dann eine starke, stramme, populistische Rechtspartei. Mit einem Anführer, dessen Selbstbewusstsein sehr intakt ist, und der vor nichts zurückschreckt.“
Die Macht der Tradition wurde unterschätzt
Die Wahl verdeutlicht eine Rückkehr in die Vergangenheit, analysiert Kolumnist Antonio Polito in Corriere della Sera:
„Wenn die Gegenwart enttäuscht, erstrahlt die Vergangenheit. ... Die Wähler scheinen Nostalgie für die alte Rechts-Links-Bipolarität zu verspüren, die die selbsternannte Dritte Republik für begraben erklärte und durch eine neue Bipolarität zwischen Volk und Eliten ersetzte. ... Kurz gesagt, der Lauf der Dinge widerlegt die strategische Hypothese, auf der das seltsame gelb-grüne Bündnis [aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung] beruhte. In der Struktur des Landes zeigen die ältesten und traditionellsten Bündnisse Anzeichen von Widerstandsfähigkeit und Verwurzelung, die vielleicht unterschätzt wurden.“