Was bezwecken Kim und Putin mit ihrem Treffen?
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und Russlands Präsident Putin haben sich in Wladiwostok getroffen. Das Hauptthema der Gespräche sei die atomare Abrüstung Nordkoreas gewesen, sagte Putin vor Journalisten. Konkrete Ergebnisse gab es jedoch nicht. Warum es darum auch gar nicht ging, erläutern Kommentatoren.
Es geht vor allem um Prestige
Nordkoreas Führer Kim zeigt US-Präsident Trump, dass der nicht sein einziger Gesprächspartner ist, schreibt Lidové noviny:
„Kim avanciert zum Mann des Jahres. Binnen zwölf Monaten ist er vom verschmähten Ausgestoßenen zu einer Persönlichkeit geworden, die sich ihre Partner aussuchen kann. Dass ihr Treffen in Wladiwostok nichts Konkretes gebracht hat, muss weder Kim noch Putin stören. Dies ist kein schlechteres Ergebnis als das der Treffen zwischen Kim und Trump in Singapur und Hanoi. Prestige können jedenfalls beide daraus ziehen. Kim demonstriert, dass der Führer der USA nicht der einzige ist, mit dem man über einen Deal verhandeln kann. Für Putin ist es auch positiv.“
Russland will seinen Einfluss beweisen
Der Zeitpunkt des Treffens war aus russischer Sicht optimal gewählt, konstatiert Turun Sanomat:
„Putins Ziel dürfte sein, Russlands internationales Profil als einflussreicher Akteur auf der koreanischen Halbinsel zu schärfen. Der Zeitpunkt des Treffens ist deshalb hervorragend, denn das gescheiterte Treffen von Kim und US-Präsident Trump im Februar ist noch in guter Erinnerung. Günstig ist auch, dass China derzeit nicht als großer Fürsprecher Nordkoreas auftritt. China ist offenbar der Ansicht, dass dies von den USA als feindliche Geste interpretiert werden könnte. Und Peking will schließlich die Handelsgespräche mit den Amerikanern positiv vorantreiben.“
Fast normale Nachbarn
Trotz fehlender Ergebnisse war der Gipfel von Kim und Putin relevant, findet der Tages-Anzeiger:
„Das Treffen bot dem bis vor einem Jahr isolierten Kim eine nächste Gelegenheit, sich auf dem internationalen Parkett als Staatschef zu präsentieren. Auch dem eigenen Publikum zu Hause. Zugleich vernetzt er sich immer besser. Sein Nordkorea, bisher ein blinder Fleck auf der Karte Nordostasiens, mausert sich zu einem fast normalen Nachbarn von Südkorea, China und Russland. Nur mit Japan hapert es. Washingtons Versuch, Kim gleichsam zur Kapitulation zu zwingen, im vorletzten Sommer mit militärischen Drohungen, nun mit Maximalforderungen, ohne ihm Konzessionen anzubieten, verliert jegliche Glaubwürdigkeit, wenn sich Kim lachend mit Putin und schon mehrfach mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping fotografieren lässt. Schon dies ist ein Beitrag zu mehr Stabilität in Nordostasien.“
Kim bettelt um Mehl
Polityka wertet das Treffen als Hilfsgesuch der Nordkoreaner:
„Nach dem erfolglosen Gipfeltreffen mit Trump haben mehrere Fabriken in der nordkoreanischen Hauptstadt aufgrund fehlender Aufträge die Produktion eingestellt. Die Werksmanager empfahlen ihren Arbeitern, vorübergehend nach einer anderen Lebensgrundlage zu suchen. Lebensmittel werden immer teurer, so ist etwa der Preis für Reis in einigen Monaten um die Hälfte gestiegen. Arzneimittel fehlen, der Schwarzmarkthandel wächst. Experten sehen dies als Zeichen, dass die Bewohner Vorräte anhäufen, weil sie unsicher sind, wie hoch die diesjährige Ernte ausfallen wird und wie sich die Sanktionen auswirken werden. Es ist so schlimm, dass Kim Russland um 100.000 Tonnen Mehl gebeten hat.“