Fußball-WM der Frauen: Endlich im Rampenlicht?
Mit einem 2:0-Sieg der USA gegen die Niederlande ist am Sonntag die Frauenfußball-WM 2019 zuende gegangen. Frankreichs Stadien waren voll, auch außerhalb des Landes war die Aufmerksamkeit größer als bei vorherigen Turnieren. Dass es immer noch was zu tun gibt, zeigen Kommentatoren auf.
Sieg für den Frauensport
Die WM war in punkto Reichweite ein Meilenstein, findet Helsingin Sanomat:
„Obwohl der WM-Titel der USA im Frauenfußball nichts Neues ist, wird die Fußball-WM in Frankreich dennoch wegen vieler anderer Dinge in Erinnerung bleiben: Sie stieß Debatten an, führte den Videobeweis als festen Bestandteil ein und bescherte dem Frauenfußball ein bisher nie dagewesenes Maß an Aufmerksamkeit. Zwar waren die Stadien auch bei früheren Turnieren voll und bei der WM in China vor zwölf Jahren wurde vor großem Publikum gespielt. Doch bei dem Turnier in Frankreich war das Interesse der Medien und des Publikums größer als je zuvor. Die größten Sieger der WM in Frankreich waren der Frauenfußball und vor allem der Frauensport an sich.“
Vereine müssen nachziehen
Der Erfolg der niederländischen Frauen muss sich auch in den Vereinsstrukturen im Land wiederspiegeln, fordert NRC Handelsblad:
„Bei den Frauen ist es genau anders herum als bei den Männern: Die Nationalmannschaft ist Vorreiter des niederländischen Frauenfußballs, aber die Clubs spielen international nicht mit. Dass die Niederlande nun dem Weltmeistertitel so nahe waren, zeigt, wie schnell sich die Entwicklung der Nationalmannschaft vollzieht. ... Im niederländischen Vereinsfußball kommt die erforderliche Professionalisierung nur, wenn sich Vereine und [Fußballbund] KNVB gemeinsam dafür stark machen. ... Hoffentlich treibt der Erfolg der Frauen von [Nationaltrainerin] Wiegman die Reifung der [Profiliga] Eredivisie schnell voran. Das ist am Ende auch eine Frage des Geldes.“
Nicht nur eine Ersatzdisziplin
Allein die Bezeichnung der Sportart ist eine Frechheit, findet Libération:
„Niemandem käme es in den Sinn, von 'Männerfussball' zu sprechen. Wenn man das Wort 'Frauen' vor Fußball setzt, verbreitet man damit die Idee, dass die beiden Geschlechter nicht wirklich das gleiche Spiel spielen. Die Fußballerinnen, so könnte man meinen, praktizieren einen Sport, der extra für Frauen erfunden wurde, eine Ersatzdisziplin. Was ist der Unterschied zwischen einem Fußballer und einer Fußballerin? Ein Fußballer ist ein Mann, der Fußball spielt. Eine Fußballerin ist eine Person, die Frauenfußball spielt. Auf der einen Seite gibt es Fußball, den richtigen, echten, und auf der anderen Seite das Weiberding. Man denkt an Frauen, die in Stöckelschuhen auf einem kleinen Spielfeld herumrennen und Handtaschen herumkicken, bis eine versehentlich ins Netz geht.“
Auch Frauen müssen mit Fußball verdienen können
Dass die Frauenteams im Fußball noch immer unterfinanziert ist und Spielerinnen kaum Prämien bekommen, hält Upsala Nya Tidning für einen Skandal:
„Bei den Teamsportarten hinkt die Gleichstellung hinterher. Die Korrespondenten des Schwedischen Fernsehens reisten vor der WM nach Kamerun, Brasilien und Wales und trafen dort auf junge Frauen, die um ihr Recht kämpfen, Fußball zu spielen. In allen drei Ländern wurde ihnen gesagt, es sei 'ein Sport für Männer'. Könnten sie nicht stattdessen über [einen weiblicheren Sport wie] Hockey berichten? ... Es ist bizarr, dass das so weitergeht. ... Aber es gibt Hoffnung. Das Eröffnungsspiel Frankreich-Südkorea haben 45.000 Menschen im Stade de France [sic] und elf Millionen Franzosen vor dem Fernseher gesehen. Es war klar, dass das höchstklassiger Sport ist und dafür bezahlt werden muss.“
Fairer, sauberer, unverdorbener
Pure Begeisterung über die WM drückt der Schweizer Autor Bänz Friedli in der Neuen Zürcher Zeitung aus:
„Frauenfussball ist der bessere Fussball: fairer, sauberer, unverdorbener. 'Weil es um nichts geht.' Ich höre den Einwand schon. Sobald mehr Geld im Spiel sei, werde dies auch den Frauenfussball korrumpieren. Nein. Just die wenigen Millionärinnen, die der Fussball hervorgebracht hat, engagieren sich am ausgeprägtesten in gesellschaftlichen Fragen und betreiben wohltätige Stiftungen. Die Medien schliesslich sollen über die Fussballerinnen endlich als Spitzenathletinnen berichten statt immer nur über deren sexuelle Ausrichtung. Ich freue mich auf die WM! Und auf den Tag, da vor einer Endrunde der Frauen kein Plädoyer in der Zeitung mehr nötig sein wird, schon gar nicht eines, das ein Mann geschrieben hat.“
In die Öffentlichkeit gedribbelt
Medien und Zuschauer beginnen endlich, sich für den Frauensport zu interessieren, bemerkt El Periódico de Catalunya:
„Die Frauenfußball-WM beginnt und es lässt sich nicht übersehen, dass es bei dem Event nicht allein um den Sport geht. Seit der WM in Canada 2015 hat sich das Panorama merklich verändert. Der Frauenfußball wächst unaufhaltsam. Mehr Sponsoren, mehr Sendezeit und steigende Zuschauerquoten beweisen den Boom. Lang vorbei scheinen die Zeiten der völligen Unsichtbarkeit, mit permanent leeren Zuschauertribünen und ohne jegliche Beachtung in den Nachrichten. Die Fortschritte sind groß, obwohl die Entwicklung nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Gleichberechtigung auf den Fußballfeldern noch weit entfernt ist.“