Wie schlägt sich die estnische Regierung?
Seit 100 Tagen ist die Koalition aus Zentrumspartei, nationalistischer Ekre und konservativer Isamaa in Estland an der Regierung. Mit der bisherigen Bilanz sind estnische Kommentatoren alles andere als zufrieden.
Außer billigem Alkohol noch nichts erreicht
Bislang hat die Koalition noch keine großen Schritte gemacht, bemängelt Õhtuleht:
„Die bisher einzig sichtbare Veränderung ist die Senkung der Alkoholsteuer - Finnen kaufen wieder mehr in Estland und mancher unterlässt die Wodkareise nach Lettland. Leider wirken die Errungenschaften der 100 Tage nur wie ein Feigenblatt neben den unerfüllten Wahlversprechen: die von der Zentrumspartei versprochene Rentenerhöhung wurde sofort ins Ungewisse verschoben, als sich herausstellte, dass die Finanzlage schlecht ist; die großzügigen Pläne zur Rentenreform von Isamaa sind ebenso in Vergessenheit geraten. Ganz zu schweigen von dem versprochenen Geld für die Wissenschaft und der Gehaltserhöhung für Lehrer. “
Die Start-Up-Szene leidet
Estland, das bisher als Musterschüler in Sachen Digitalisierung und Gründerszene galt, hat sich verändert, beklagt der Start-Up-Unternehmer Allan Martinson in Postimees:
„Ich kenne keinen Gründer, der sagen würde, dass alles gut ist mit dieser Regierung. Die Einschätzungen reichen von 'katastrophal' bis 'irgendwie leben wir noch'. Es ist klar, dass man alles bisher Aufgebaute nicht in 100 Tagen zerstören kann, aber wenn es so weiter geht, ist es möglich, dass es dazu kommt. Ausländer - Partner, Kunden, Investoren, Mitarbeiter - stellen Fragen und sind besorgt. Du kannst endlos erklären, aber es gibt Dinge, die nicht in den kulturellen Kontext passen, den man mit einem fortschrittlichen, zukunftsorientierten Land verbindet. Ein Land, wie es Estland bis jetzt war. Nach Ungarn wollen Talente schon lange nicht mehr gehen.“