Kanada: Mark Carney Nachfolger von Justin Trudeau

Der Wirtschaftsexperte Mark Carney ist mit großer Mehrheit zum Chef der Liberalen Partei Kanadas gekürt worden. Damit übernimmt der ehemalige Chef der kanadischen Zentralbank und der Bank of England nach dem Rücktritt von Justin Trudeau vorübergehend auch das Amt des Premiers. Kanada werde auf keinen Fall Teil der USA werden, erklärte Carney. Europäische Medien beleuchten die Rolle des neuen Parteivorsitzenden.

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El País (ES) /

Heikle Verhandlungen stehen bevor

El País sieht eine generelle Tendenz beim Umgang der USA mit Verbündeten:

„Mark Carney will so schnell wie möglich Wahlen ausrufen, um im Falle eines Sieges gut positioniert in die heiklen Gesprächen mit dem Weißen Haus zu gehen. ... Obwohl es vor allem um Zölle und Grenzkontrollen gehen wird, belastet sie der unhaltbare Annexionsvorschlag des Nachbarn. ... Trump will die Arktis wegen ihrer seltener Mineralien, die er im Kampf mit China um die Weltherrschaft für unerlässlich hält. Kanadas Zukunft nach den Wahlen könnte der anderer Länder ähneln, die bisher Verbündete der USA waren. Trump hat über hundert Jahre aufgebaute Bündnisse instrumentalisiert, in wenigen Wochen gesprengt und sie durch kommerzielle und diplomatische Beziehungen ersetzt, die sich zwischen Übereinkommen und Erpressung bewegen.“

The Irish Times (IE) /

Ein knallharter Technokrat

Die Kanadier stehen in der Auseinandersetzung mit den USA hinter Mark Carney, so The Irish Times:

„Jetzt hat er [Trump] einen echten ehemaligen Notenbankchef als Verhandlungspartner in Ottawa, einen knallharten Technokraten, der dank Trump das Land wachgerüttelt und die Chancen seiner Partei und das Ansehen der zehn Jahre alten Regierung verbessert hat. Die wütenden Kanadier sind entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen. ... Carney, der sofort das Amt des Premierministers übernehmen wird, hat versprochen, schnell Wahlen anzusetzen, um sich ein Mandat für die Konfrontation mit den USA zu sichern. ... Umfragen zeigen, dass Carney der zukünftige Premierminister ist, dem am meisten zugetraut wird, Trump die Stirn zu bieten.“

The Times (GB) /

Bitte Versöhnung statt Rosenkrieg

Carney sollte einen Handelskrieg nach Möglichkeit vermeiden, rät The Times:

„Carney geht sogar so weit zu behaupten, dass Kanada einen Zollkrieg mit den USA gewinnen könnte. Das ist eine kühne Behauptung, wenn man bedenkt, dass die US-Wirtschaft zehnmal größer ist als die Kanadas und mehr Zölle verkraften kann. Tatsache ist, dass weder David noch Goliath einen Handelskrieg gewinnen würden, bei dem es um die Unterbrechung komplexer, über Jahrzehnte aufgebauter grenzüberschreitender Lieferketten geht. Eine erbitterte amerikanisch-kanadische Scheidung ist das Letzte, was beide Partner gebrauchen können. Es bleibt zu hoffen, dass Carney, nachdem er die Wahlkampfrhetorik beiseite gelegt hat, wieder seine nüchterne Seite hervorkehrt und versucht, die einst stabile Ehe zu kitten.“