Weltklimarat warnt vor Hunger und Dürre
Der Weltklimarat warnt in seinem neuen Bericht vor Lebensmittelknappheit durch die Klimaerwärmung. Er drängt auf eine Kehrtwende in der Landnutzung, vor allem in Agrar- und Forstwirtschaft. Der alarmierende Bericht lässt Kommentatoren überlegen, wie Europa Hindernisse im Kampf gegen den Klimawandel überwinden kann.
Zuckerbrot statt Peitsche
Durch Ermahnungen allein wird niemand zum Klimaschützer, findet Jyllands-Posten:
„Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass der Weltklimarat viel pädagogischer wird in seiner Kommunikation; nicht nur, weil die zentralen Botschaften möglichst weit verbreitet werden müssen, sondern auch, weil der Einsatz für das Klima in vielen Ländern mit politischen und wirtschaftlichen Sonderinteressen kollidiert. ... Die meisten Menschen würden vermutlich ihren Fleischkonsum reduzieren, weil sie sachliche Argumente überzeugend finden. ... Es wäre deshalb zunächst schon einmal sinnvoll, wenn die EU Obst und Gemüse von der Mehrwertsteuer befreien würde; damit würde ein wenig die soziale Schieflage reduziert, die der Einsatz für Klimaveränderungen jetzt schon hat. Buchstäblich sollten die Regierungen Zuckerbrot statt Klimapeitsche nutzen.“
Der Mensch ist, was er isst
Der Bericht des Weltklimarats wird die Weltgesellschaft entscheidend verändern, meint NRC Handelsblad:
„Vor allem der Wechsel zu einer pflanzlich orientierten Ernährung ist geboten, angesichts des desaströsen Effekts der Fleischproduktion auf die Umwelt durch den unverhältnismäßigen Verbrauch von Boden und Wasser. ... Nicht nur ein Beitrag der Industrie ist gefordert, sondern ausdrücklich auch von der Landwirtschaft - der biologische Landbau ist die Antwort. Und das kann man nicht losgelöst von den Abnehmern sehen. Also von jedem, der isst und trinkt. ... Durch den Nachdruck auf Umweltmaßnahmen für die Nahrungsmittelproduktion wälzt das IPCC nichts weniger als das Selbstbild des Menschen um. Der Mensch ist, was er isst, so heißt der Aphorismus.“
EU kann den Planeten nicht retten
Wenn Europa seinen CO2-Ausstoß verringert, hilft das dem Planeten so gut wie gar nicht, bemerkt Irish Examiner:
„Der Anteil der EU-Staaten an den weltweiten CO2-Emmission ist von 99 Prozent vor 200 Jahren auf weniger als zehn Prozent heute zurückgegangen. ... Und dieser Wert könnte auf fünf Prozent im Jahr 2030 fallen. ... Während sich also die EU der schmerzhaften Aufgabe stellt, ihren jährlichen Ausstoß um 1,5 Milliarden Tonnen zu reduzieren, wird der Rest der Welt seinen vermutlich um 8,5 Milliarden Tonnen erhöht haben. Die durchschnittlichen Temperaturen werden global weiter steigen, womöglich um drei Grad oder mehr bis zum Jahr 2100. Was auch immer Europa tut, es wird den Planeten nicht retten.“
Von wegen machtlos
Selbstverständlich kann Europa etwas tun, widerspricht Der Tagesspiegel:
„Auf diesem Kontinent, und genauer noch, in der Europäischen Union, leben 450 Millionen Menschen, die durch ihre Macht als Verbraucher und Konsumenten nicht nur eigene, sondern auch gefährliche Entwicklungen anderswo umsteuern können. Wenn der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro die tropischen Regenwälder abholzen lässt, um billig Soja anzubauen, das er an europäische Viehzüchter verkaufen will, muss die EU diese Einkäufe sofort stoppen. Die Europäische Union muss auch ihre Nahrungsmittelproduktion ändern, die nur auf billig und Quantität ausgerichtet ist. ... Der Weltklimarat hat die ganze Erde im Blick bei seinen Warnungen. Er sagt aber nicht, dass Europa machtlos ist. Nein, Europa, die EU, Deutschland kann etwas tun. Wir müssen etwas tun.“
Untätigkeit macht ratlos
Warum trotz aller Warnungen zu wenig geschieht, fragt sich der Tages-Anzeiger:
„Gestern präsentierte der IPCC das Bild eines Planeten, den der Mensch gedankenlos für die Nahrungsproduktion ausbeutet. Mit der Konsequenz: verwüstete Böden, zerstörte Wälder, trockengelegte Moore - und frei werdende Treibhausgase, welche die Erdoberfläche zusätzlich erwärmen und damit die Landökosysteme weiter schwächen. ... Die Agrar- und Forstwirtschaft braucht einen Richtungswechsel - ökologischer Landbau, nachhaltiger Welthandel, weniger Fleischkonsum. Das hatte der Weltagrarbericht der Uno und der Weltbank bereits 2008 gefordert. Alle Akteure hatten damals mitgearbeitet: Wissenschaftler, Konsumenten, Produzenten, Bauern und die Industrie. Und nun, zehn Jahre später, fordert der Weltklimarat IPCC die Welt wieder auf, zusammenzuarbeiten. Das macht ratlos.“
Nationalismus ist das Problem
Will man die Klimakatastrophe verhindern, müssen nationale Egoismen überwunden werden, erklärt der frühere Parteivorsitzende des Partito Democratico, Walter Veltroni, in Corriere della Sera:
„Wissenschaftler, Astronauten und Meteorologen weisen auf die Gefahr Nummer eins hin. Aber wir steuern wie Captain Smith von der Titanic munter darauf zu. Denn unser öffentliches Leben ist von tausend Ängsten geprägt, aber nicht von der größten. Vielleicht, weil diese Angst eine globale, nicht-nationalistische, nicht-souveränistische Antwort voraussetzt. Tatsächlich wird die Welt nur dann gerettet, wenn die Nationen der Erde zustimmen, die Emissionen in die Atmosphäre zu begrenzen. “
Schwarzmalerei nicht übertreiben
Die Warnungen vor Klimawandel, Ressourcenknappheit und Überbevölkerung machen viele Menschen unglücklich, kritisiert Unternehmer Florian Freyssenet in L'Opinion:
„All diese Diskurse haben eines gemeinsam: Sie stellen die Langlebigkeit des Planeten über die des Menschen. Erderwärmung und Überbevölkerung sind unzureichend geklärte Probleme, der überhöhte Ressourcenverbrauch ist global ungleichmäßig verteilt. Trotzdem sind sie unleugbar und betreffen uns alle. Unter dem Vorwand, die Menschheit vor einem Problem retten zu wollen, das wir nicht vollständig verstehen (im Gegensatz zum Loch in der Ozonschicht, das wissenschaftlich geklärt war), verbreiten wir in großem Umfang menschenfeindliche Theorien, die einen Teil unserer westlichen Jugend in die Depression und einen irreversiblen Generationspessimismus stürzen werden.“