Türkische Regierung setzt Bürgermeister ab
Die türkische Regierung hat am Montag die Bürgermeister von Diyarbakır, Mardin und Van nur rund fünf Monate nach deren Wahl ihres Amtes enthoben und durch Zwangsverwalter ersetzt. Der Staat wirft den kurdischen Politikern aus dem Südosten des Landes Verbindungen zur PKK vor. Legitimer Kampf gegen Terror oder Todesstoß für den letzten Rest Demokratie in der Türkei?
Schutz der Bürger vor Terror
Dieser Schritt war leider erneut notwendig, erklärt die regierungstreue Tageszeitung Sabah:
„Diese Praktik zielt seit 2016 darauf, zu verhindern, dass die PKK von Kommunen militante, logistische und finanzielle Hilfe erhält. Mit anderen Worten, sie ist Teil des Anti-Terror-Kampfes mit dem Ziel, die Bevölkerung der Region vor der Invasion der Terrororganisation zu schützen. ... Anscheinend hat die Regierung diesmal sofort und ohne zu zögern Maßnahmen ergriffen, als sie Beziehungen zur PKK erkannte. Und sie hat damit den anderen HDP-Kommunen eine starke Botschaft gesandt, sich vom Terrorismus fernzuhalten. Ebenso ist es eine demokratische Verantwortung der CHP-Bürgermeister, die durch das Bündnis mit der HDP die Wahl gewonnen haben, militante, logistische oder finanzielle Unterstützung der PKK zu verhindern.“
Demokratie und Hoffnung auf Frieden erstickt
Die Amtsenthebung der Bürgermeister und ihre Ersetzung durch Zwangsverwalter ist ein fataler Schritt, kritisiert hingegen die Schriftstellerin Oya Baydar in T24:
„In dieser Region, in der schon ein Funke viele neue Feuer entfachen kann, ist es ein Putsch ebenso wie eine Provokation. ... In der internationalen und türkischen Öffentlichkeit herrschte bisher dieses Image: Dass im Land Wahlen abgehalten werden können, wenn sie auch unvollständig und nur formal sind, zeige, dass die Demokratie noch lebe. Gestern wurde rücksichtslos erklärt, dass dies bloß eine Illusion und Lüge ist. ... Kurzgefasst wurden die letzten Überreste der Demokratie am 19. August abgeschafft und die so schmerzhaft vermisste Hoffnung auf Frieden erstickt.“