Drohende Rezession: Weg mit der schwarzen Null?
Die deutsche Regierung will laut Medienberichten im Falle einer Rezession die schwarze Null kippen, also das Paradigma der Haushaltsführung, das dafür gesorgt hat, dass Deutschland in den vergangenen fünf Jahren keine neuen Schulden aufnahm. Löcher im Haushalt durch ausbleibende Steuereinnahmen in der Konjunkturkrise könnten so gestopft werden. Kommentatoren sind uneins, ob das der richtige Weg ist.
Deutschland muss mehr Geld ausgeben
Um die drohende Rezession zu verhindern, muss die Bundesregierung das Diktat der schwarzen Null endlich aufheben, fordert der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum in der Neuen Zürcher Zeitung:
„Deutschland hat jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder es zerfleischt sich in bitteren Verteilungskonflikten - Jung gegen Alt, Arm gegen Reich, Stadt gegen Land - und verliert dabei den Anschluss. Oder aber es agiert pragmatisch und beginnt zügig mit massiven öffentlichen Investitionen, um wieder voranzukommen und dadurch auch private Investitionen anzuschieben. Auch aus konjunktureller Sicht wäre das angezeigt. Denn der drohende Abschwung erfordert, dass der deutsche Staat nicht nur anders Geld ausgibt, sondern auch mehr.“
Der nächsten Generation keine Lasten aufbrummen
Der Deutschlandfunk hält überhaupt nichts von der Forderung, für Investitionen neue Schulden aufzunehmen:
„Die Verlockung dazu ist aktuell groß. Aber selbst wenn es aus heutiger Sicht eher später als früher passieren sollte: Irgendwann werden Zinsen auch wieder steigen. Und die wären dann auch früher oder später auf die heute so billigen neuen Kredite zu zahlen. Wer das mit Blick auf Generationengerechtigkeit will, soll das bitte auch klar so sagen. Kurzum: Es ist voreilig und verantwortungslos, schon beim ersten kühlen Windzug an neue Schulden wofür auch immer auch nur zu denken. In den Haushalten ist noch viel Luft, zumal hausgemachter Unsinn ... es ja auch verdienen würde, noch mal auf den Prüfstand zu kommen. Von Mehreinnahmen, die ein beherzterer Kampf gegen Steuertricks und Steuerbetrug bescheren würde, ganz zu schweigen.“
Berlin ist für den Ernstfall gewappnet
Wenn es hart auf hart kommt, wird Berlin das Geld schon locker machen, ist Politikwissenschaftler Miguel Otero Iglesias in eldiario.es überzeugt:
„Viele denken ja, dass Deutschland mit seiner Steuerdisziplin übertreibt, wenn es daran festhält, keine roten Zahlen zu schreiben. Ich glaube, sie irren sich. Berlin hat in den letzten zehn Jahren die Staatsverschuldung von 80 auf 60 Prozent gedrosselt, eben um im Ernstfall genug keynesianischen Vorrat zu haben [um die Wirtschaft durch vermehrte Staatsausgaben zu beleben]. Deutschland wird das Geld bei Bedarf einsetzen (und Frankreich ebenso). Und das wird auch die Rezession in Spanien verhindern oder zumindest abschwächen.“