Gehört die Kalaschnikow in den Schulunterricht?

Das russische Bildungsministerium hat dieser Tage den Schulen Anweisung gegeben, zum 100. Geburtstag des Waffenkonstrukteurs Michail Kalaschnikow am 10. November eine spezielle Unterrichtsstunde einzuschieben. Unter anderem wird empfohlen, die Schüler dessen berühmtes Sturmgewehr AK-47 auf Zeit auseinander- und zusammenzubauen zu lassen. Russische Kommentatoren schütteln mit dem Kopf.

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newsru.com (RU) /

Menschen töten als nationale Identität

Der Oppositionspolitiker Dmitri Gudkow verurteilt den Unterrichtsinhalt in seinem von newsru.com übernommenen Facebook-Post als eine Motivation zum Massenmord:

„Als Argument sollen die Lehrer den Kinder erzählen, dass 'aus Kalaschnikows mehr Menschen getötet wurden als durch Artilleriefeuer, Bomben- und Raketenangriffe.' Und: 'Jedes Jahr sterben durch Kugeln aus einer AK eine Viertelmillion Menschen.' Unsere offizielle Identität und Seelentiefe besteht also darin, möglichst viele Leute umzubringen. ... Und dann, ein paar Jahre später, verwandelt dann wieder mal ein Wehrpflichtiger, mit dessen Gesicht man soeben versucht hat, eine Toilette zu reinigen, diese Seelentiefe in kurze Salven [wie kürzlich auf einer Militärbasis in Sibirien geschehen, als ein Soldat acht Kameraden erschoss]. .. Denn schließlich hat er ja schon in der Schule gelernt, wie man das Sturmgewehr zusammenbaut.“

Wedomosti (RU) /

Puschkin statt AK-47

Wedomosti betont, dass Russlands Werte doch wohl ganz woanders liegen:

„Der russische Staat gibt in letzter Zeit immer wieder zu verstehen, dass in der Schule Erziehung, vor allem die patriotische, wichtiger ist als Bildung. ... Doch man beschränkt sich nicht nur auf die Schulen: Als Kulturminister Medinski im September 2017 ein Denkmal für Kalaschnikow in Moskau einweihte, bezeichnete er die AK-47 als 'eine wahre kulturelle Marke Russlands'. Auch wenn die AK zweifellos eines der Symbole unseres Landes mit hohem Wiedererkennungswert ist, so wird die heimische Kultur doch wohl eher durch Puschkin, Repin oder Tschaikowski verkörpert. Doch dieser Widerspruch kümmert beflissene Staatskassen-Patrioten immer weniger.“