Kann die Opposition Johnson nichts entgegensetzen?
Drei Tage vor der britischen Unterhauswahl liegen die konservativen Tories in den Umfragen klar vorn. Und das trotz innerparteilicher Turbulenzen wegen der Brexit-Politik von Premier Johnson. Was die Chancen der sozialdemokratischen und liberaldemokratischen Opposition beeinträchtigt, beschäftigt die Kolumnisten.
Fehden und strategische Fehler
Eitelkeiten und Fehlentscheidungen haben die Opposition geschwächt, moniert The Guardian:
„Die Plattform für ein zweites Brexit-Referendum, die auf großartige Weise eine Million Menschen dazu brachte, auf den Straßen Londons zu demonstrieren, ist internen Fehden zum Opfer gefallen. Kandidaten der Labour Party und der Lib Dems treten nicht zurück, um sich gegenseitig zu helfen, wo sie sollten. Das politische Erstarken der Lib Dems ist ausgeblieben. Zum Teil ist das auf zwei große Fehler der jungen Parteichefin Jo Swinson zurückzuführen. Ihr Plan, den Brexit ohne ein zweites Referendum zu widerrufen, ist prinzipiell undemokratisch und taktisch töricht. Dazu kam ihre Entscheidung, sich selbst als mögliche nächste Premierministerin in den Mittelpunkt des Wahlkampfs zu stellen.“
Wähler vertrauen Corbyn nicht
Dass der Labour-Chef beim Brexit keine klare Haltung einnimmt, rächt sich bitter, analysiert The Irish Times:
„Jeremy Corbyns Versprechen, im Falle eines zweiten Brexit-Referendums 'neutral' zu bleiben, wirkt wahrlich nicht staatsmännisch. ... Es wirkt vielmehr wie außergewöhnliche Unfähigkeit, das Schicksal seines Landes durch Machtausübung zu gestalten. ... Eine neutrale Haltung gegenüber dem Brexit bedeutet, dem gleichgültig gegenüber zu stehen, dass der EU-Austritt jedes fortschrittliche, ökologische, soziale und wirtschaftliche Anliegen zurückwirft, an das Corbyn glaubt. ... Wenn er nicht sagen kann, welche Haltung er in der Frage einnimmt, die die Wähler spaltet, können diese Corbyn bei allen anderen Themen auch nicht vertrauen.“
Warum Johnson bei vielen Bürgern punktet
Die Briten wollen das Thema Brexit endlich hinter sich bringen, erklärt Finanz und Wirtschaft:
„Während Labour sich wie vor zwei Jahren wenigstens auf Schlagdistanz zu den führenden Tories hält, sind die Liberaldemokraten mit ihrer Anti-Brexit-Wahlstrategie vollumfänglich gescheitert ... Trotz seines nachweislich laschen Umgangs mit Wahrheiten und Fakten weist Johnson landesweit deutlich höhere Sympathiewerte auf als Corbyn und Swinson. Das mag damit zu tun haben, dass viele Britinnen und Briten nach dreieinhalb Jahren der Ungewissheit das Thema Brexit abhaken und sich den alltäglichen Problemen wie etwa der Gesundheitsversorgung zuwenden möchten. Gleichzeitig verspricht eine Regierung unter Johnson eine klare Stossrichtung für das Land.“