Plácido Domingo hat sich entschuldigt

Der spanische Opernstar Plácido Domingo sieht sich seit August mit Vorwürfen sexueller Belästigung konfrontiert. Diesen Dienstag sah er sich schließlich zu einer Entschuldigung gezwungen: Darin erkannte er den Schmerz an, den er den ihn beschuldigenden Frauen angetan habe - wobei er diese Aussage am Donnerstag korrigierte. Spanische Kommentatorinnen beurteilen das Eingeständnis unterschiedlich.

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El Periódico de Catalunya (ES) /

Demütigung statt Demut

Die Buchautorin und Journalistin Emma Riverola legt Domingo in einem sehr persönlichen Kommentar in El Periódico de Catalunya nahe, seine Karriere zu beenden:

„Du warst der Gott der Oper. Deine Fans irren sich nicht: Du bist einer der Großen. Aber wie so viele Götter dachtest du, dass du den Willen anderer brechen darfst, dass dir deine Bewunderer dienen müssen. ... Mit deiner ersten Mitteilung, eine Mischung aus 'ich hab's nicht gemerkt' und 'das waren andere Zeiten' hast du die Opfer noch etwas mehr gedemütigt. Die Ermittlungen gingen weiter, und du musstest eine zweite Mitteilung hinterherschicken. Ein Akzeptieren voller Selbstmitleid, eine Demütigung aller Frauen. ... Jetzt wo du meinst, dass du 'an der Erfahrung gewachsen' seist, solltest du dich auf den Olymp fokussieren. Tritt ab! Dann wächst du noch weiter! Und ersparst uns die Demütigung, unseren Blick auf den Menschen zu richten.“

eldiario.es (ES) /

Rückblickend stünden viele Männer schlecht da

In El Diario gibt Investigativ-Chefredakteurin Raquel Ejerique Plácido Domingo darin recht, dass sich die Standards gegenüber Sexismus geändert haben:

„Bei seiner Flucht nach vorne sagte er auch etwas Interessantes: 'Ich sehe ein, dass die Kriterien, mit denen wir uns heute messen und messen müssen, sich sehr von denen der Vergangenheit unterscheiden.' Ja. Im Rückspiegel der Zeit stünden viele Männer schlecht da. Und Einstellungen, die man hinnahm, tolerierte oder unterstützte, wären heute inakzeptabel oder eine Anzeige wert. Ich selbst - als Zeugin und Ziel solcher Akte - wundere mich darüber, was wir damals alles haben durchgehen lassen. ... Aber das ist normal, man nennt das Fortschritt und Einsicht. Wir konstruieren einen neuen Blick auf die Vergangenheit, der die Fehler und Ungerechtigkeiten erkennen muss.“