Die Welt im Lockdown: Zeit für Exit-Strategien?
Nicht nur US-Präsident Trump, auch europäische Politiker und Wissenschaftler denken bereits laut über einen Ausstieg aus den Beschränkungen zur Eindämmung von Covid-19 nach und fordern entsprechende Strategien. Als Zeitpunkt für eine erste Lockerung werden dabei oft die Tage nach Ostern ins Spiel gebracht. Kommentatoren fragen sich, ob diese Forderungen nicht noch etwas früh kommen.
Der kritischste Moment kommt noch
Selbst wenn der Höhepunkt der Infektionswelle bald überschritten sein sollte, die Beschränkungen dürfen bloß nicht zu früh gelockert werden, mahnt der Historiker Paolo Mieli in Corriere della Sera:
„Die Geschichte der Epidemien lehrt uns, dass der kritische Moment genau der ist, wenn die Zahl der Todesfälle abnimmt, die öffentlichen Behörden frohlocken, der Gefahr entronnen zu sein, die Spannung nachlässt und viele Menschen glauben, dass sie nun zu ihrem früheren Leben zurückkehren können. Von der Pest von Athen im 5. Jahrhundert vor Christus bis zur 'Spanischen Grippe', die das Ende des Ersten Weltkriegs begleitete und mehr Tote forderte als der Konflikt selbst, kam nach der ersten Phase der Ansteckung immer ein Stillstand von einigen Wochen, dem aber eine zweite, manchmal noch aggressivere Viruswelle folgte.“
An Normalität ist nicht zu denken
Wer jetzt daran denkt, Fabriken, Schulen, Restaurants und Stadien bald wieder aufzumachen, hat in den vergangenen drei Wochen wohl nicht richtig zugehört, empört sich die Süddeutsche Zeitung:
„Der nimmt nämlich in Kauf, dass das Virus nach Ostern den nächsten Anlauf unternimmt. ... Heißt dies, dass man sich darin zu fügen hat, dass der gegenwärtige Zustand noch monatelang so weitergehen muss? ... Erste Vorschläge [für eine Lockerung der Maßnahmen] gibt es: Besondere Einkaufszeiten für Risikogruppen einführen, Menschen mit Vorerkrankungen in Rehakliniken und Hotels unterbringen ... oder jeden dritten Tisch im Restaurant zulassen... . Was es hingegen noch lange nicht geben wird: Fußball im gut gefüllten Stadion, Oktoberfest und Olympische Dopingspiele. All dies wird erst dann wieder möglich sein, wenn ein Impfstoff gefunden ist.“
Mit Massentests aus dem Lockdown
Die Regierung muss spätestens jetzt über Wege aus dem Lockdown nachdenken, fordert The Times:
„Es gibt eine Grenze dafür, wie lange Unternehmen und Arbeitsplätze brach liegen und am Leben gehalten werden können. Die bisher verkündeten Sofortmaßnahmen kaufen nur Zeit. Es ist unabdingbar, dass Regierungen diese Zeit nutzen, um Bedingungen zu schaffen, unter denen wir aus dem Lockdown raus können und sich das Wirtschaftsleben - selbst wenn eine zweite Infektionswelle kommen sollte - normalisieren kann. Das erfordert eine Erhöhung der Testkapazitäten in Verbindung mit einem neuen Fokus auf Kontaktverfolgung, damit künftig nur die Infizierten isoliert werden müssen. Zudem bedarf es einer Aufstockung von Notfalleinrichtungen und Geräten.“