Kindergeld: EU-Kommission verklagt Österreich
Die EU-Kommission verklagt Österreich wegen seiner seit 2019 geltenden Kindergeld-Regelung vor dem Europäischen Gerichtshof. EU-Ausländer in Österreich erhalten seitdem weniger Geld, wenn ihre Kinder in der Heimat leben und die Lebenshaltungskosten dort niedriger sind. Das sei diskriminierend und verstoße gegen EU-Recht, so die Kommission. Die Presse sieht durchaus Argumente auf der Seite Wiens.
Ungleichbehandlung ist gerecht
Für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ist die Sache nicht so eindeutig, wie die Kommission vorgibt:
„Kindergeld ist keine Versicherungs-, sondern eine Sozialleistung, die an das steuerliche Existenzminimum eines Kindes einschließlich des Erziehungs- und Ausbildungsbedarfs anknüpft. In dieser Logik gebietet es der Gleichbehandlungsgrundsatz nachgerade, ungleiche Lebenshaltungskosten nicht gleich zu behandeln. Dies sah das Bundeskabinett 2017 auch so, nur hatte die Regierung parteiübergreifend nicht den Mut, ihrer Überzeugung Taten folgen zu lassen. Hoffentlich sind die Luxemburger Richter nun mutiger. Sie würden der Akzeptanz 'Europas' in vielen Ländern wohl einen großen Dienst erweisen.“
Endlich ein Präzedenzfall
Der Ausgang dieses Verfahrens wird nicht nur Österreich interessieren, ist sich Der Standard sicher:
„ [D]en Gedanken, gewisse Familienleistungen an die höchst unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den EU-Staaten anzupassen, hatten schon andere Staaten. ... Österreich geht auch als Vorreiter für Deutschland und andere reiche EU-Staaten in diese juristische Auseinandersetzung. Die österreichischen Argumente sind stärker, als es so manche Europarechtsexperten darstellen. Denn die Familienbeihilfe ist dazu gedacht, die tatsächliche Mehrbelastung für Eltern gegenüber Kinderlosen auszugleichen. ... [D]ie monetäre Belastung hängt ... davon ab, ob die Kinder in Wien oder in einem rumänischen Dorf leben. ... [E]s hat auch seinen Wert, wenn der EuGH in diesem Prinzipienstreit die Argumente beider Seiten einmal prüft – und die jahrelange Debatte endgültig beendet.“