Italien: Fußballjubel sprengt Corona-Regeln
Der SSC Neapel hat die Coppa Italia gewonnen. Im Finale setzte sich Napoli gegen den großen Rivalen Juventus Turin im Elfmeterschießen mit 4:2 durch. Trotz Corona-Regeln versammelten sich daraufhin Tausende Fans in den Straßen Neapels, fielen sich gegenseitig um den Hals und feierten ausgiebig den Sieg. Das bietet Diskussionsstoff.
Freude ist ansteckend
Ein gewisses Verständnis für die Feierlaune bringt der Anthropologe und Journalist Marino Niola in La Repubblica auf:
„Tausende von Menschen ließen nach Monaten der Opfer, der Angst und des Leidens ihrem Glück freien Lauf. Und viele Fans, darunter auch ich, freuten sich mit ihnen. Weil Freude ansteckend ist. Doch im nächsten Moment erstarrten sie bei dem Gedanken, dass ein paar Stunden des Jubels ausreichen könnten, um den Albtraum wiederkehren zu lassen. Es wäre vielleicht doch besser gewesen, die Begeisterung in den eigenen vier Wänden auszuleben, anstatt ein Bad in der Menge zu nehmen. Dieses ist im normalen Leben gut für Körper und Seele, es bekämpft soziale Isolation. Aber da noch immer eine Epidemie im Gange ist - etwas, das viele Menschen beharrlich vergessen wollen - können sie uns teuer zu stehen kommen.“
Ein unseliges Schauspiel
Nur Kopfschütteln für sich in den Armen liegende Fans hat Journalist Fulvio Bufi in Corriere della Sera übrig:
„Mindestens fünftausend Menschen feierten in Neapel und Umgebung, als es hätte es die Risiken einer Coronavirus-Infektion nie gegeben. ... In sozialen Netzwerken finden wir pseudo-soziologische Debatten, in denen von einem 'Fest der Befreiung' die Rede ist. Von solchen Zuschreibungen sollte man wohl Abstand nehmen, hat das Wort Befreiung in Italien doch einen ernsteren Sinn. Man sollte vielmehr auf diejenigen hören, die ihre Missbilligung äußern, die wissenschaftliche Gemeinschaft: Von einem 'unglücklichen' Schauspiel sprach Ranieri Guerra, stellvertretender WHO-Direktor und erinnerte daran, wie sehr das Champions-League-Spiel Atalanta gegen Valencia zu Beginn der Epidemie in der Lombardei zur Ausbreitung der Seuche beitrug.“