Belgiens Kolonialverbrechen: König äußert Bedauern
Belgiens König Philippe hat in einem Brief an den Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Felix Tshisekedi, erstmals sein Bedauern über die Gewalt und Brutalität während der Kolonialzeit sowie die bis heute andauernden Diskriminierungen geäußert. Anlass war der 60. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes. Europas Presse zollt dem Schritt Respekt, erwartet aber durchaus mehr.
Philippe findet die richtigen Worte
Le Soir glaubt, dass der Brief seine Wirkung entfalten wird:
„Erstens übernimmt der König als Erster die Verantwortung 'seiner' Herrscherfamilie: Er als Nachfahre und Erbe Leopolds II. wird zum Vorreiter. Zweitens hat er nicht darauf gewartet, von der 'Wahrheitskommission' [deren Gründung im Juni in die Wege geleitet wurde] dazu gezwungen zu werden: Er erkennt den Sachverhalt an, ohne dass eine Parade von Experten nötig wäre, die ihn davon überzeugen oder dazu verpflichten. Drittens macht er in seinem Brief an Präsident Tshisekedi aus seinem Bedauern eine Notwendigkeit, um das andere Erbe dieser Kolonialvergangenheit zu bewältigen: Diskriminierungen und Rassismus, die die Gegenwart nicht loslassen. Eine Gelegenheit, die heutige Werteordnung seines Landes sowie seinen Willen, diesem zu dienen, zu bekräftigen. Denn genau das ist nunmehr das Dringlichste.“
Von Sorry können sich die Menschen nichts kaufen
Auf den Brief müssen nun die nächsten Schritte folgen, betont De Standaard:
„Wie historisch das Bedauern von König Philippe auch ist - die kongolesische Bevölkerung kann sich davon nichts kaufen, und Belgien erhält damit auch kein zusätzliches diplomatisches Gewicht. Eine Kleptokratie hört auf den Meistbietenden, und das sind jetzt die Chinesen. ... Investieren in menschliches Kapital heißt auch, die Arme öffnen für die Kinder der kongolesischen Diaspora in Belgien. Es bleibt beklagenswert, dass sie trotz einer höheren Bildung stärker diskriminiert werden als andere Minderheiten. Wenn diesem Land der Kongo echt am Herzen liegt, dann muss es sich auch um die kongolesischen Belgier kümmern.“
Im Strudel der Vergangenheit gefangen
Belgien verpasst es, gute Beziehungen zur ehemaligen Kolonie aufzubauen, meint Die Presse:
„Heute vor 60 Jahren wurde die Demokratische Republik Kongo unabhängig, endeten knapp acht Jahrzehnte kolonialer Brüsseler Herrschaft. ... [Belgien] hat es nicht vollbracht, eine gleichermaßen profitable wie anständige Beziehung zu Kinshasa aufzubauen. Den großen Reibach machen im Kongo Chinesen und Amerikaner. Und so lenkt die überfällige Beschäftigung mit ihrer Vergangenheit die Belgier davon ab, sich zu überlegen, wie sie eine beiderseits vorteilhafte Zukunft mit den Kongolesen gestalten könnten.“