Immer mehr Migranten auf den Kanaren: Was tun?
Nach anderen Inseln an der EU-Außengrenze werden nun auch die Kanaren zum Migrations-Brennpunkt: Immer mehr Menschen setzen von der afrikanischen Küste über, die örtlichen Behörden sind überfordert. Kommentatoren fordern die Politik auf, das Thema nicht allein auf Grenzsicherung zu reduzieren, sondern auch Diplomatie und Integration in den Blick zu nehmen.
Balance zwischen Grenzsicherung und Integration
Migration muss als komplexes Phänomen wahrgenommen und behandelt werden, fordert Politologe Augusto Delkáder Palacios in El Español:
„Der vorherrschende Diskurs lautet: Wir müssen die Migration stoppen, weil sie ein Sicherheitsproblem ist. ... Die naive Variante: Wir müssen den Herkunftsländern helfen, damit ihre Leute nicht auswandern müssen. ... Unabhängig von der Couleur der Regierungspartei war Migration immer dem Innenministerium unterstellt, wurde also mit Polizei und Sicherheit assoziiert. Die gesamte Dimension der Integration von Migranten wird demzufolge ignoriert und ausgeblendet. ... Migrationspolitik muss aber Integration und Grenzsicherung ins Gleichgewicht bringen. Wir sollten anfangen, bei der Regelung zur Flüchtlingskontrolle über Grundlegendes zu reden.“
Spanische Linke hat Marokko verprellt
Die regierende Linkskoalition hat diese Situation selbst heraufbeschworen, ärgert sich La Razón:
„Wenn wir neben der illegalen Einwanderung auch die Bedrohungen durch Terrorismus und Drogenhandel hinzufügen, wird offensichtlich, dass Marokkos Stabilität für Spanien strategisch wichtig ist, und zwar immer. Das haben die spanischen Regierungen bis jetzt auch verstanden. ... Doch die derzeitige 'Co-Regierung' von Sánchez und Iglesias war unverantwortlich und illoyal unserem Nachbarn gegenüber, und auch noch bei einem so heiklen und wichtigen Thema wie der Westsahara.“
Europäische Werte mit Füßen getreten
Die Misere ist unmenschlichen Entscheidungen in den fernen Hauptstädten Madrid und Brüssel geschuldet, schimpft El País:
„Die Regierung weigert sich, die Migranten aufs Festland weiterzuleiten, wo man einen Teil von ihnen problemlos in den bestehenden Einrichtungen unterbringen könnte. Europa wehrt sich ebenfalls strikt gegen die Weiterleitung aufs Festland, weil man damit akzeptieren würde, dass sie auf dem Kontinent weiterreisen. ... Fest steht, dass der unmenschliche Umgang mit den ankommenden Personen die spanischen und europäischen Werte beschädigt.“
Madrid muss in Brüssel Lösung einfordern
Die Kanaren werden von der spanischen Regierung im Stich gelassen, wettert El Mundo:
„Dass der Innenminister nicht die Mittel und das Personal einsetzt, die einem Land wie Spanien zur Verfügung stehen, um dem täglichen Migrationsdruck auf die Inseln zu begegnen, ist verantwortungslos und unerklärlich. Hinzu kommt die offensichtliche Unfähigkeit von [Premier] Sánchez, die EU-Behörden zu einer Lösung dieser Krise zu bewegen. Diese Krise geht die gesamte EU an und wir bekommen nun die Folgen dessen zu spüren, dass es keine gemeinsame, solide und mit ausreichenden Mitteln ausgestattete Strategie gibt.“