Neue Nawalny-Sanktionen - nutzen sie irgendwas?
Wegen des Vorgehens gegen Kremlkritiker Alexei Nawalny haben sich die EU-Außenminister in Brüssel auf neue Sanktionen gegen Russland geeinigt. In den kommenden Wochen sollen Personen, die für Nawalnys Inhaftierung verantwortlich sind, mit Vermögenssperren und Einreiseverboten belegt werden.
Übersanktioniert bis zur Wirkungslosigkeit
Für die Süddeutsche Zeitung sind die neuesten Sanktionen nicht mehr als ein Ausdruck von Ratlosigkeit:
„In Wahrheit aber hat die Bestrafung keinen praktischen Effekt mehr. Russland wurde übersanktioniert bis hin zur Wirkungslosigkeit. ... Schon die Trump-Regierung hat mit ihren Drittstaaten-Sanktionen die Bestrafungspolitik ad absurdum geführt. Russland zeigt nun, wie man sich beim Sanktionsthema unangreifbar macht. So ist eine allgemeine Schmerzlosigkeit entstanden. Entweder muss die EU kräftiger zuschlagen (also Nord Stream 2 stoppen), oder sie muss andere Hebel finden, um ihre Interessen durchzusetzen.“
Echte Strafen sind nicht drin
Die Abhängigkeit von Russland ist zu groß, als dass die EU wirklich ernst machen könnte, bemerkt La Vanguardia nüchtern:
„Fast zwei Drittel des von der EU importierten Erdöls kommen aus Russland, das außerdem der wichtigste Lieferant für Erdgas (40 Prozent) ist. Energetisch von einem Land abzuhängen, mit dem man in ständigem Konflikt ist, macht die EU verletzbar. Sollte Moskau entscheiden, den Hahn zuzudrehen, hätte Europa ein ernstes Problem. Wenn die EU neue Sanktionen vorbereitet, ist sie sich gleichzeitig der Notwendigkeit bewusst, den Kontakt mit Russland aufrechtzuerhalten. Denn sie braucht das Land auch in mehreren internationalen Konflikten, wie beim Atomabkommen mit dem Iran und in den Kriegen in Syrien und Libyen, sowie in der Klimakrise.“
Der Kreml muss die EU nicht ernst nehmen
Russland spielt gerade viel zu erfolgreich sein Spiel mit Europa, als dass es die EU fürchten müsste, erinnert Hospodářské noviny:
„Die Debatten um den Sputnik-V-Impfstoff zeigen das Hauptziel Moskaus. Es besteht darin, die Unsicherheit, in der die Europäer aufgrund der Pandemie leben, zu erhöhen und Keile zwischen die Mitgliedstaaten zu treiben. ... Die Aufnahme von vier Personen in die Sanktionsliste, die darüber hinaus auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs im März bestätigt werden muss, wird im Kreml eher zur allgemeinen Freude als zu ernsthaften Bedenken beitragen. Während des Ministertreffens fuhr Putin mit Belarus-Führer Lukaschenka in Sotschi Ski.“