Niederländische Parlamentswahl: Rutte zum Vierten?
Die Niederlande wählen seit Montag ein neues Parlament. Trotz sinkender Zustimmungswerte steht die rechtsliberale VVD von Premier Mark Rutte in den Umfragen unangefochten auf Platz eins. Rutte könnte im Erfolgsfall in eine vierte Amtszeit als Regierungschef gehen. Während ihm das bei einigen Beobachtern Anerkennung einbringt, sind andere von der Rutte'schen Stabilität weniger überzeugt.
Das könnte ein Pyrrhus-Sieg werden
Für einen weiteren Erfolg muss sich Rutte verbiegen, warnt NRC Handelsblad:
„Wer will noch regieren mit einer Partei, die bei weitem die größte ist und ihren Premier für unverzichtbar hält? Der Preis wird hoch sein, der Ärger über den Premier und seine schwammige Politik wird zunehmen. ... Rutte handelte immer als Pragmatiker mit einer vor allem liberalen Agenda, die er selbst verkörperte mit seinem Credo von Eigenverantwortung und Individualisierung. ... Nun macht sein Programm zum Teil damit Schluss - denn jetzt muss der Staat auf einmal doch als Beschützer der Bürger auftreten - und setzt vor allem auf den Erhalt der dominanten Stellung der Partei. ... Rutte beißt sich fest in seinem Amt.“
Eine neue Konstellation ist möglich
De Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing erinnert an die Affäre um Kinderbeihilfen und hofft auf eine Veränderung:
„In diesem Land kann es vier Legislaturen dauern, bis jemanden auffällt, dass der Staat ganze Volksgruppen zu Unrecht kriminalisiert hat und ruiniert. Es kann auch passieren, dass Menschen, die Pech haben im Leben und dadurch von staatlicher Unterstützung abhängig wurden, Wahl für Wahl immer weiter in einem Sumpf von niedriger Sozialhilfe und höheren Schulden versinken, einfach so. … Aber kleine Wunder sind möglich. ... Zurzeit schmilzt der Corona-Bonus des Premiers schnell, und es sieht danach aus, als würde die größte Partei des Landes nicht einmal ein Viertel der Stimmen auf sich vereinen können. … Das heißt, dass eine sehr umfangreiche Koalition nötig wird. Und das geht rechts, links oder dazwischen – alles ist offen.“
Auf dem Weg zur Merkel der Niederländer
Rutte schickt sich an, ein "ewiger Premier" zu werden, meint Contributors:
„Wenn Mark Rutte - trotz der Pandemie, die viele Regierungen weltweit geschwächt hat - nun zum vierten Mal in Folge die Wahlen gewinnt, wäre das ein deutlicher Beweis dafür, dass seine Politik einem Großteil der Niederländer aus der Mittelschicht und der oberen Mittelklasse gefällt. Rutte wird so eine Art 'Merkel' der Niederländer, natürlich auf den Geschmack und die Interessen der niederländischen Gesellschaft zugeschnitten. Zudem zeigt sich damit, dass die vehementen, lautstarken, von viel Rauch begleiteten Proteste gegen die Corona-Beschränkungen, die man im Fernsehen sieht, gesamtgesellschaftlich unbedeutend sind und an der Konfiguration der politischen Optionen fast nichts geändert haben. “