Was ist vom EU-Plan zur KI-Regulierung zu halten?
Die Europäische Kommission hat den weltweit ersten Rechtsrahmen für Künstliche Intelligenz (KI) vorgelegt. Für KI-Systeme, deren Einsatz ein Risiko für die Sicherheit oder die Rechte von Menschen bedeuten kann, sollen künftig strenge Vorgaben gelten. Bei besonders klaren Risiken, etwa wenn der freie Wille manipuliert wird, greift ein Verbot. So soll KI ingesamt vertrauenswürdiger werden.
Maschinen müssen Werte lernen
Indem es ethische Grenzen zum Schutz von Demokratie und Privatsphäre setzt, wird Europa zum Pionier, freut sich La Repubblica:
„Die Idee ist, einen 'europäischen Weg' zwischen dem chinesischen digitalen Autoritarismus und der amerikanischen totalen Marktfreiheit zu finden. Ein kulturspezifischer Ansatz, den Brüssel in jahrelanger Arbeit vorbereitet hat und der sich in einer der zentralen Passagen der neuen Regeln widerspiegeln wird: Die Algorithmen auf unserem Kontinent müssen mit Daten 'gefüttert' werden, die europäische Werte widerspiegeln. ... Wenn sich hingegen herausstellt, dass ein System der künstlichen Intelligenz mit Eingaben versorgt wird, hinter denen sich Vorurteile, Rassismus oder Diskriminierung verbergen, muss es von Grund auf neu programmiert werden.“
Auch privaten Sektor einbeziehen
Politiken begrüßt die Initiative der EU, wünscht sich aber noch mehr Grenzen:
„Die KI-Regulierung, wie sie sich die EU-Kommission vorstellt, sucht einen dritten Weg zwischen Chinas staatlichen gesteuertem Überwachungskapitalismus und dem amerikanischen Laissez-faire. ... U.a. soll sie das staatliche Scoring von Bürgern, wie es China betreibt, stoppen und die polizeiliche Nutzung biometrischer Massenüberwachung begrenzen. Hurra! Aber es darf gern weitergegangen werden, nicht zuletzt um den privaten Sektor zu regulieren, der ebenfalls eifrig undurchschaubare Algorithmen nutzt.“
Staatliche Nutzung besser regulieren
Die Pläne der EU zielen für den Standard in die richtige Richtung, machen aber eine ärgerliche Ausnahme:
„Künstliche Intelligenz ist nicht neutral. ... So ist etwa bekannt, mit welchen Informationen sie zu einem Ergebnis gelangt [ist], und auch, wie dieses lautet. Aber niemand weiß so recht, wie dieses Ziel erreicht wurde. Das öffnet Tür und Tor für schwer nachvollziehbare Fehler. Gerade wenn es darum geht, mögliche Rechtsverstöße zu eruieren, darf es aber keine Zweifel geben. Diesen Aspekt hat die Kommission aber nicht bedacht, indem sie in ihrem Entwurf die Nutzung von KI zur staatlichen Überwachung weiterhin erlaubt. ... Damit hat sie eine Chance verpasst, eine EU zu präsentieren, die gleichermaßen zukunftsfähig ist und dennoch einen großen Wert auf Grundrechte legt.“
Das Spiel wird woanders entschieden
Entscheidend wird sein, ob es der EU gelingt, ihre Vision auch auf das globale Level zu wuchten, kommentiert die Süddeutsche Zeitung:
„Denn das ganz große Spiel wird zwischen den KI-Supermächten USA und China ausgetragen. ... Die EU sollte am Ende ihre Regeln so vorausschauend - und verständlich - formuliert haben, dass sich zumindest die USA an ihnen orientieren wollen. Eine echte Chance unter Bidens Regierung, die den Blick wieder nach Europa lenkt. Ein bisschen Gegenkraft zur Lobbymacht der KI-Großmächte im eigenen Land - Facebook, Google und Microsoft - schadet nicht, wenn es darum geht, die unsichtbare Seite der Zukunft zu gestalten.“