Frontex: abschaffen oder reformieren?
Nachdem die europäische Grenzschutzagentur Frontex wegen ihrer Verwicklung in illegale Push-Backs in den vergangenen Monaten mehrfach in die Kritik geraten war, wirft nun ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs erneut ungünstiges Licht auf die Institution. Die Agentur erledige ihre Aufgaben so unvollständig und ineffektiv, dass man an ihrem Fortbestand zweifeln müsse. Kommentatoren sind da uneins.
Schluss mit der Gewalt
Die EU-Grenzschutzagentur basiert auf einer beschämenden Flüchtlingspolitik und muss weg, wettert das Aktionsbündnis Abolish Frontex in einem Gastbeitrag in Le Vif/L'Express:
„Diese Politik stützt sich auf einen Diskurs, der Migration zu einem Sicherheitsproblem macht und die Hoffnungslosen unterwegs als eine Bedrohung darstellt. Sie wurde in enger Kooperation mit der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie ausgearbeitet, die milliardenschwere Gewinne daraus zieht. Diese Politik schützt keine Leben. ... Sie fördert das Erstarken der extremen Rechten in ganz Europa und stützt sich auf Jahrhunderte von Kolonialismus, Unterdrückung und Ausbeutung. ... Gleichzeitig trägt die Europäische Union weiter zu den tiefer liegenden Ursachen der Migration bei, durch Waffenexporte zum Abbau von Ressourcen und ihre Verantwortung in der Klimakrise.“
Mit Transparenz kann es funktionieren
Am Beispiel der EZB kann man sehen, dass zentralisierte Institutionen nicht unbedingt auf Ablehnung stoßen müssen, meint dagegen El País:
„Das System der europäischen Grenzsicherung muss so bald wie möglich grundlegend neustrukturiert werden. ... Frontex muss sich sowohl das Vertrauen der nationalen Behörden als auch das der Öffentlichkeit erarbeiten. Die Erfahrung mit der EZB, deren Start ebenfalls stockend war, beweist, dass die Zentralisierung von Politikbereichen, die traditionell der nationalen Souveränität vorbehalten waren, durchaus möglich und erfolgreich sein kann. Aber nur, wenn sie auf Transparenz beruhen und einer angemessenen Kontrolle unterzogen werden.“