Wie soll die neue Normalität nach Corona aussehen?
Mit den weiter sinkenden Inzidenzen in den meisten europäischen Ländern fallen auch immer mehr Corona-Beschränkungen. Mehrere Kommentatoren beklagen nun einen mangelnden Gestaltungswillen der Politik, über eine Rückkehr zur alten Normalität hinauszuzielen. Aus ihrer Sicht eine verpasste Chance – und obendrein riskant.
Es geht nur mit neuen Regeln
Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass es ein Leben wie vor der Pandemie geben wird, meint Denník N:
„Natürlich verringert die Impfung den Platz für das Virus und reduziert gleichzeitig die Risiken. Doch es verschwindet nicht vollständig. Es wird Teil unserer Welt. ... Ebenso wie das Arbeiten von zu Hause aus werden eine Kombination aus Regel- und Fernunterricht, Maskentragen, Online-Shopping und so weiter zum neuen normalen Leben gehören. Wirtschaft, Sozialpolitik, Gesundheit und Kultur müssen sich dieser neuen Situation anpassen. ... Zumal eine neue Unterteilung der Menschen hinzukommt: in die Geimpften und die, die nicht geimpft werden wollen.“
Zeit, den Rechtsstaat in Ordnung zu bringen
Aamulehti fordert eine umfassende gesellschaftliche Debatte:
„Während die Impfmaschinerie läuft, lautet die große Frage: Was kommt als Nächstes? Die Welt wird nicht dadurch so wie früher, dass alle einen vollständigen Impfschutz erhalten oder wieder ins Büro zurückkehren. Soziale Beziehungen sind gekappt, die psychische Belastung ist zu hoch, persönliche Finanzlagen vernichtet, Menschen außerhalb der Sicherheitsnetze gelandet. Gleichzeitig wurden die Prinzipen unseres Rechtsstaates auf gefährliche Weise untergraben, da die Beschränkungen nicht immer auf Gesetzen basierten und nicht immer angemessen waren. Die Arbeit beginnt jetzt. Dabei müssen alle beteiligt werden. ... Man muss jetzt über den Rechtsstaat debattieren und diesen in Ordnung bringen, damit die Grundrechte in der nächsten Krise nicht mehr so bedroht sind.“
Positive Trends stimulieren und stabilisieren
Die Niederlande heben ab Samstag fast alle Corona-Schutzmaßnahmen auf. De Volkskrant vermisst nun Schritte, um eine andere Gesellschaft als zuvor zu etablieren:
„Wir haben uns jetzt doch [an weniger Fliegen, weniger Reisen und das Home Office] gewöhnt, wir wissen, dass sehr viele Reisen gar nicht nötig sind, und wir könnten jetzt über eine andere Einrichtung des Landes nachdenken - über Straßen und Wohnungsbau bis zum Markt für Bürogebäude. Der Staat kann nicht alles regeln, aber er könnte natürlich Alternativen stimulieren. Nicht nur mit Steuern und Subventionen, sondern zunächst einmal mit Worten. ... Die Devise scheint aber zu sein, so schnell wie möglich zur Tagesordnung zurückzukehren. Und dann steht bald das ganze Land wieder zweimal am Tag im Stau, und Unternehmen lassen ihre Leute wieder um die halbe Welt fliegen für eine Sitzung.“