Jeff Bezos geht: Bilanz eines Ausnahmeunternehmers
Nach 27 Jahren an der Spitze des Internetriesen hat Amazon-Gründer Jeff Bezos die Geschäfte diese Woche an den neuen CEO Andy Jassy übergeben. Bezos wechselt an die Spitze des Verwaltungsrats, will seinen Stiftungen mehr Zeit widmen und am 20. Juli ins All fliegen. Europas Presse blickt auf eine Erfolgsgeschichte zurück, die von Innovationskraft und Skrupellosigkeit gleichermaßen geprägt war.
Erfolg mit Schattenseiten
Zeit Online zieht ein gemischtes Fazit der bisherigen Unternehmertätigkeit Bezos':
„Amazon erhob ... das Wohl der Kunden tatsächlich zum höchsten Prinzip – im Gegensatz zu den zahllosen anderen Unternehmen, die das nur von sich behaupten. Viele Jahre nahm Bezos dafür Verluste in Kauf. Natürlich zahlte oft jemand den Preis, wenn etwas für diese Kunden sehr billig wurde. Lieferung am Tag der Bestellung, fast gratis? Manche Boten urinierten wegen des Zeitdrucks in Flaschen. Preisdruck durch Amazons Marktmacht? Viele kleine Händler kamen unter die Räder. Konkurrenten? Aufgekauft oder verdrängt.“
Die Massen lieben ihn
Bezos hat mehr Menschen genützt als geschadet, bilanziert Polityka:
„Die wachsenden Ungleichheiten in dem von ihm geschaffenen System sind der Gesundheit der Demokratie nicht zuträglich, aber das ist ein anderes Thema. Jeff Bezos macht so oder so Millionen Menschen glücklich, indem er günstiges Einkaufen ermöglicht und den Zugriff auf alles erleichtert, was das Herz begehrt. Am 20. Juli werden ihm diese Millionen eine erfolgreiche Rückkehr zur Erde wünschen.“
Big Tech braucht eine Gegenmacht
De Tijd wünscht sich für künftige Wachstumswunder wie Amazon mehr Grenzen:
„Amazon ist einer der größten Arbeitgeber in den USA, aber Gewerkschaften sind nicht willkommen. Bezos ist einer der reichsten Menschen der Welt, aber er bezahlt kaum Steuern. Amazons expansives Wachstum war auch nur möglich, weil Staaten dem Unternehmen wenig oder nichts in den Weg legten. ... Aber nun entsteht eine Gegenbewegung. Die Einsicht nimmt zu, dass Big Tech zu groß und zu mächtig geworden ist, und dass es neben den Vorteilen, die sie Verbrauchern bieten, auch große Nachteile gibt. ... Die Wirtschaft und die Welt gedeihen durch engagierte und visionäre Unternehmer wie Bezos. Aber für ein gesundes Gleichgewicht braucht eine Macht eine Gegenmacht.“
Auf dem Mond geht's weiter
Jetzt, wo er das irdische Geschäft los ist, kann Bezos endlich den nächsten Expansionsschritt angehen, scherzt Webcafé:
„Mit einem Spaziergang im Weltall dürfte es für Bezos nicht getan sein. Um zu beweisen, dass die Erde für ihn zu klein geworden ist, wird er Amazon-Warenlager auf dem Mond aufbauen, wo er die Hälfte seines abgequälten Personals hinschicken wird, um Pakete künftig intergalaktisch versenden zu lassen. Die Arbeiter werden nicht nur kein Recht haben, auf die Toilette zu gehen, sondern dürfen den Mond überhaupt nicht verlassen. Von der Mondbasis aus kann Bezos mit seinem Geld nach außerirdischer Intelligenz suchen. ... Hey, Alexa, sag dem kleinen grünen Männchen 'Hallo!'“