Neuwahl: Bulgarien zwischen Hoffnung und Verdruss
Bulgarien wählt am Sonntag zum zweiten Mal in diesem Jahr ein neues Parlament. Im April hatte sich ein politisches Patt ergeben, seitdem führt eine Übergangsregierung das Land. Ergeben sich diesmal klarere Verhältnisse? Und wenn ja, stehen die Zeichen auf Veränderung oder kommen doch die Kräfte um den in dubiose Verstrickungen involvierten Ex-Premier Borissow noch einmal an die Macht?
Borissow und Co. gehören vor Gericht
Sega geht davon aus, dass Borissows Partei nicht an der neuen Regierung beteiligt sein wird und fordert Gerechtigkeit für das, was sie in zwölf Jahren an der Macht verbrochen hat:
„Kaum jemand glaubte vor einem Jahr, dass das Mafia-Imperium so verwundbar ist. In nur einem Monat gelang es der Übergangsregierung, den Deckel der offiziellen Propaganda zu heben, um den Gestank der verrotteten Staatsgeschäfte herauszulassen. ... Bis vor Kurzem fühlte sich Bojko Borissow noch unantastbar. ... Auch Deljan Peewski, der größte Oligarch im Land, galt als unantastbar und wahrscheinlich lebt ihr treuester Beschützer, [Generalstaatsanwalt] Iwan Geschew ebenfalls noch in der Illusion, dass ihn niemand zur Rechenschaft ziehen kann. … Doch niemand ist mächtiger als das Volk.“
Geringe Wahlbeteiligung hilft Machthabern
Dilema Veche sieht hingegen schlechte Chancen für größere Verschiebungen:
„Es ist sehr wahrscheinlich, dass das künftige Parlament wieder zersplittert sein wird und geprägt von tiefen Spaltungen zwischen alten Parteien und neuen - denen des Anti-Establishments. In einem verarmten Land, mit einer endlosen Korruption, überwältigt von der Gesundheitskrise, interessieren sich die Leute so wenig für Politik wie die Politiker sich für ihr Schicksal interessieren. Doch eine niedrige Wahlbeteiligung wird allein den Vertretern der alten Parteien helfen, sich an der Macht oder zumindest in ihrer Nähe zu halten - auf Kosten einer guten Regierungsführung.“