Spanien: Demokratische Erinnerungskultur per Gesetz?
Die spanische Regierung hat dem Parlament einen Entwurf für ein Gesetz zur demokratischen Erinnerung vorgelegt. Es sieht vor, die Verherrlichung des Militärputschs von 1936, des anschließenden Bürgerkriegs und der vierzigjährigen Franco-Diktatur zu verbieten, was unter anderem die Schließung des Valle de los Caídos bedeuten könnte. Zudem soll Demokratische Erinnerung fester Teil der Lehrpläne werden.
Irgendwo zwischen überflüssig und giftig
Das Gesetz nährt unnötigen Zwist, ärgert sich El Mundo:
„Die Norm ist reiner Unsinn, der zwischen Überflüssigkeit und Gift anzusiedeln ist. Denn dem Gesetz geht es darum, die Feindschaft aus dem Bürgerkrieg künstlich in der Gesellschaft am Leben zu erhalten, indem man sie aus historischen Studien entfernt. Die 'demokratische Erinnerung' in den Lehrplan der Schulen einzuschreiben, ist entweder überflüssig, weil in den Klassen bereits Geschichte unterrichtet wird. Oder aber man verfolgt damit das Ziel einer Indoktrinierung.“
Notwendiger denn je
Dringenden Handlungsbedarf sieht indes El Periódico de Catalunya:
„Die Konservativen kritisieren das Gesetz als unzeitgemäß - als Rückkehr in die Vergangenheit - und als rachsüchtig. Doch das Anwachsen der Rechtsextremen und die immer dreister formulierten Rechtfertigungen der Diktatur schaffen eine Stimmung, die so ein Gesetz 85 Jahre nach dem Staatsstreich von 1936 notwendig macht. Jüngstes Beispiel sind die Erklärungen von Ex-Minister Ignacio Camuñas von der UCD [Parteienbündnis von 1977 bis 1981, dem auch der erste demokratisch gewählte Premier Spaniens angehörte], der im Beisein eines passiven Pablo Casado behauptete, dass es im Juli 1936 keinen Staatsstreich gab und dass die Regierung der Zweiten Republik [1931-1939] die Schuld am Bürgerkrieg trug.“