Schulbeginn: Wer gehört geimpft?
Für einige Schulkinder beginnt bereits das neue Corona-Schuljahr. Die europäischen Gesellschaften streiten darüber, wie sie sich vor einer neuen Ansteckungswelle schützen können. Zur Debatte stehen unter anderem die Impfpflicht für Lehrende und Impfangebote für Jugendliche. Kinder sollten jedenfalls nicht für ihre Eltern haften, sind sich die Kommentatoren einig.
Bildung geht vor Freizeitspaß
Eine vierte Ansteckungswelle sollte nicht den Präsenzunterricht im neu beginnenden Schuljahr gefährden, mahnt Lapin Kansa:
„Die Schwelle für Distanzunterricht scheint hoch zu sein und das ist auch gut so. Die Corona-Infektionen haben sich auf öffentlichen Veranstaltungen, in Nachtclubs und Restaurants ausgebreitet. … Es bleibt abzuwarten, was für ein Tsunami die vierte Welle wird und welche Auswirkungen er auf die Gesellschaft haben wird. Es wäre aber dennoch völlig unangemessen, die Schüler für die Freizeitvergnügen der Erwachsenen büßen zu lassen. Deshalb sollten mögliche Einschränkungen auf keinen Fall den Unterricht berühren.“
Impfskeptiker gehören nicht vor die Klasse
Der Kurier spricht Lehrkräften, die sich nicht impfen lassen, die Eignung zum Beruf ab:
„Selbstverständlich ist es nicht egal, ob man als Gemeindebediensteter im Wald Bäume fällt, oder ob man als Volksschullehrer stundenlang mit Kindern in einem Raum arbeitet, die nicht geimpft werden können, gleichzeitig aber ein ernsthaftes Risiko haben, sich scheußliche Dinge wie 'Long Covid' einzufangen. ... Vielleicht würde eine Impfpflicht für Lehrer auch die Frage der grundsätzlichen Eignung für den Job beantworten. Denn wer nicht willens ist, seriöse Wissenschaftler und deren Aussagen von wichtigtuerischen Verschwörungstheoretikern zu unterscheiden, der ist in einer öffentlichen Bildungseinrichtung, in der ja der Wert von Wissen und Wissenschaft vermittelt werden, eher fehl am Platz.“
Heranwachsende brauchen Normalität
Portugals Gesundheitsbehörde lehnt die Impfung von unter 16-Jährigen ab. Die Kinderärzte Luís Varandas und João Farela Neves kritisieren diese Entscheidung in Expresso:
„So wird das Virus weiter zirkulieren mit einem Ansteckungsrisiko für diejenigen, die nicht immun sind, oder für diejenigen, bei denen der Impfstoff nicht so wirksam ist. Damit besteht die Möglichkeit, dass neue Varianten auftauchen, und das Ziel der Herdenimmunität wird gefährdet. … Nur diejenigen, die in der Pandemie den explosionsartigen Anstieg von psychologischen/psychiatrischen Problemen bei Kindern nicht miterlebt haben, können unterschätzen, wie wichtig es ist, unseren Jugendlichen ein so 'normales' Aufwachsen wie möglich zu erlauben. Ein Aufwachsen mit Sport, einem Abendessen im Restaurant und Besuchen von Freunden.“
Es geht nur mit Zuhören
Die Gesellschaft muss die Spaltung zum Thema Impfpflicht überwinden, indem sich die Lager gegenseitig ernst nehmen und an einer gemeinsamen Lösung arbeiten, fordert La Tribune de Genève:
„Blickt man in die sozialen Netzwerke, fragt man sich, ob wir nicht vergessen haben, dass sich unsere Persönlichkeit nicht allein darauf beschränkt, für oder gegen das Impfen zu sein. Wir haben auch eine Familie, Freunde, Hobbys, einen Job. ... Sucht man zu sehr nach den Schuldigen, vergisst man, dass eine Lösung gefunden werden muss. Um dies zu schaffen, ist es unabdingbar, das Leid, die Ängste, das Zögern oder den Ärger der einen und anderen zu achten. Kurzum: gemeinschaftlich vorzugehen.“