Niederlande: Parlamentsjahr startet ohne Regierung
Auch ein halbes Jahr nach den Parlamentswahlen ist in den Niederlanden keine Regierungsbildung geglückt. Mit der von der geschäftsführenden Regierung geschriebenen Rede läutet König Willem-Alexander am heutigen Dienstag das parlamentarische Jahr ein. Kommentatoren beleuchten, was in dem Land politisch im Argen liegt.
Wenn der König die Wahrheit sagen würde
Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing stellt sich vor, wie es wäre, wenn Willem-Alexander in seiner Rede sagen würde, was er wirklich denkt:
„Dass er sich schämt für eine Generation Politiker, die sich weigert, über den eigenen Nabel hinauszuschauen und die so besessen ist vom Image, dass es noch nicht einmal gelingt, eine Koalitionsvereinbarung zustande zu bringen. ... Dass er nicht versteht, nicht verstehen kann, dass der Vorsitzende eines Kabinetts, das wegen [des verheerenden Skandals um Kinderbeihilfen] zurücktrat, sich kurz darauf grinsend erneut zur Wahl stellte. Dass er sich geschämt hat für die Untertanen, die diesen Mann einfach wieder gewählt haben.“
Den Haag im tiefen Sumpf
Dass die Politikverdrossenheit Umfragen zufolge weiter steigt, schreibt NRC Handelsblad-Kolumnist Tom-Jan Meeus den verantwortungslosen Politikern zu:
„Minister laufen weg oder müssen weg. Das Parlament ist seit einem halben Jahr auf Konfrontationskurs. Die politische Mitte, seit 1917 das Rückgrat der Demokratie, ist implodiert: die Regierungsbildung stockt. … Hoffentlich vergessen [die Politiker] egal welcher Partei nicht, dass gerade ihre Unfähigkeit, ihre Selbstsucht während der Regierungsbildung, die Umstände schafft, von denen Figuren wie [der Rechtsaußen Thierry Baudet] profitieren können.“