Niederlande: Was ein Zoom-Objektiv ans Licht bringt
Nach einem positiven Coronatest hat Verhandlungsführerin Kajsa Ollongren überstürzt die Koalitionsgespräche in den Niederlanden verlassen. Reporter zoomten auf die Notizen, die sie unter dem Arm trug, dort war zu lesen, dass der kritische Abgeordnete Pieter Omtzigt "anderswo" einen Posten bekommen sollte. Omtzigt hatte eine entscheidende Rolle dabei gespielt, den Skandal um Familienbeihilfen öffentlich zu machen, der zum Rücktritt der Regierung führte.
Autoritäre Tendenzen werden bestätigt
Bei De Telegraaf schrillen alle Alarmglocken:
„Die umstrittene Notiz zeigt, dass nun auch die Koalitionsbildung genutzt wird, um einen kritischen Abgeordneten mundtot zu machen. Der Versuch unterstreicht die Kritik von Omtzigt: In der Politik gibt es zu wenig Gegenmacht. Und wenn diese sich in der Person des kritischen Politikers zeigt, dann versucht die Macht, ihn loszuwerden. Der Täter ist unbekannt. Aber das ist bezeichnend für das Vorgehen Den Haags. Dort wird Gegenmacht als etwas Lästiges angesehen - obwohl sie Sauerstoff ist für unser politisches System. Wer dieses aushöhlt, zerstört die Demokratie.“
Die Regierung weiß, wie Verschleiern geht
Transparenz wird der mächtige Regierungsapparat zu verhindern wissen, höhnt Volkskrant-Kolumnistin Sheila Sitalsing:
„Das Amt [Büro des Premierministers] haben sie es nicht so mit Dokumenten. Da hängt ein Schild auf dem Klo mit der Aufschrift: Offenheit schadet der Vertraulichkeit. ... Das Amt weiß, was es tun muss. Dokumente ausgraben, Dokumente produzieren, so viele Dokumente wie möglich. Diese über den neuen Abgeordneten verstreuen, damit rechnen, dass [die beiden Gesprächsleiterinnen] Kajsa Ollongren und Annemarie Jorritsma dazu noch eine Riesenwolke an Worten schaffen, und dann mal Daumen drücken, dass das Parlament in all dem ertrinkt.“