Impfpflicht als letzte Chance gegen Corona?
Immer mehr europäische Staaten sehen sich mit hohen Corona-Inzidenzen konfrontiert und führen wieder Beschränkungen ein. Weil die bisherigen Impfquoten die erneute Ausbreitung des Virus nicht verhindern konnten, erhält auch die Forderung nach einer Impfpflicht neuen Auftrieb. Viele Regierungen hatten diese wegen Grundrechtsbedenken lange Zeit ausgeschlossen. Kommentatoren debattieren, ob nun doch die Zeit dafür gekommen ist.
Der Staat sollte ein Machtwort sprechen
Eine mutige Ansage von oben wäre heilsam, findet der Kurier:
„Mittlerweile ist die Aggression zwischen Impfbefürwortern und -gegnern so groß, dass der Konflikt von der Bevölkerung kaum noch gelöst werden kann. Helfen würde da nur ein staatliches Machtwort: eine allgemeine Impfpflicht. Aber das traut sich die Politik nie. So werden wir wohl weiter herumgrundeln im Corona-Sumpf.“
Versprochen ist versprochen
Ein Wortbruch könnte viele Impfgegner in ihrer Skepsis bestätigen, warnt die Süddeutsche Zeitung:
„Dass es keine Impfpflicht geben wird, hatte die Regierung schon versprochen, als es noch gar keine Impfstoffe gegen Covid-19 gab. Dieses Versprechen wurde seither stetig wiederholt. Es zu brechen, würde noch mehr Vertrauen zerstören, als es die Pandemie ohnehin schon getan hat. All jene, die sich bis jetzt nicht impfen ließen, halten das Coronavirus offensichtlich für nicht gefährlich genug; diese Menschen haben die Regierung deshalb besonders kritisch beäugt. Sie müssen sich daher nun auf deren Wort verlassen können - damit sie sich nicht noch weiter vom Staat entfernen.“
Impfpflicht ist Fürsorge
Dass Großbritannien eine Impfpflicht für das Pflegepersonal eingeführt hat, begrüßt The Times:
„Es stimmt, dass es einen Pflegenotstand gibt, der durch den Brexit verschärft wurde. ... Aber ein Aufschieben der Impfpflicht würde das Grundproblem nicht lösen: Es ist falsch, wenn die am stärksten Gefährdeten von denen betreut werden, die aufgrund ihrer Impfverweigerung ein erhöhtes Risiko darstellen. ... Maßnahmen zur Verbesserung für die 1,5 Millionen Beschäftigten im Pflegebereich sind nötig. ... In einem angespannten Arbeitsmarkt werden Pflegeheime auch mehr Ressourcen für bessere Löhne benötigen, um Personal anzuwerben und zu binden. Aber Bewohner eines Pflegeheims sollten nicht vor die Entscheidung gestellt werden, keine Pflege oder eine Pflege mit Risiko zu erhalten.“
Nicht noch mehr Macht für den Apparat
Der Gedanke, dass der russische Staat Zugriff auf die Körper seiner Bürger bekommen könnte, gefällt Echo Moskwy gar nicht:
„Es sieht so aus, als gebe es außer einer Impfpflicht keine anderen Methoden zur Eindämmung der Pandemie mehr. ... Medizinische Eingriffe sind ohne unser Einverständnis oder das naher Verwandter aber unzulässig. ... Lässt man eine medizinische Zwangsmaßnahme in einem Fall zu, eröffnet das den Weg für beliebige medizinische Manipulationen. Etwa so wie mit dem Gesetz über die 'ausländischen Agenten', das man angeblich schuf, um politischen Einfluss feindlicher Regierungen zu unterbinden, aber faktisch bestraft man jetzt Leute, die sich Geld von einem Konto aufs andere überwiesen haben.“