Johnson-Krise: Welche Rolle spielt Ehefrau Carrie?
In der Krise des britischen Premiers Boris Johnson ist dessen Frau Carrie Johnson zunehmend in die Kritik geraten. Dafür sorgt auch das Buch First Lady von Michael Ashcroft, in dem der große Einfluss der Ehefrau kritisiert wird. Wie viel Frauenfeindlichkeit hinter den Vorwürfen steckt, beschäftigt die Kommentatoren.
Frauenfeindliche Dämonisierung
Carrie Johnson die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist ungerecht und diskriminierend, findet The Irish Times:
„In Wirklichkeit ist sie eine politische Ehefrau und weit davon entfernt, intriganten Einfluss auszuüben. Stattdessen ist sie auf doppelte Weise verdammt. Man nimmt ihr jeden Handlungsspielraum im eigenen Berufsleben und macht sie für die Fehler ihres Mannes verantwortlich, selbst wenn sie damit nichts zu tun hat. Es mag nicht das dringendste feministische Thema sein, aber die weiblichen Ehepartner männlicher Führungskräfte werden andauernden Beschuldigungen und Kritik in einem Maße ausgesetzt, wie es niemals für die männlichen Ehepartner weiblicher Führungskräfte der Fall ist. Das zeigt, dass der Feminismus noch einen langen Weg vor sich hat.“
Wer Macht hat, muss Rechenschaft ablegen
Und doch steckt vielleicht ein Funken Wahrheit in den Anschuldigungen, meint The Times:
„Ihre Unterstützer haben Vorwürfe gegen sie als angeblich frauenfeindlich attackiert, aber Boris Johnsons Ruf, keine festen Überzeugungen zu haben, verleihen diesen Vorwürfen Plausibilität. Grundsätzlich ist nichts Verwerfliches daran, dass Frau Johnson eine politische Kraft in der Regierungspolitik ist. Aber genau wie Hillary Clinton, die während der ersten Amtszeit ihres Mannes zur Leiterin einer Task Force ernannt wurde, muss eine solche Rolle klar definiert und rechenschaftspflichtig sein. Momentan weiß jedoch niemand wirklich, welche Rolle Carrie Johnson einnimmt. Und dieses Mysterium trägt zusätzlich zur Malaise der Regierungsarbeit ihres Ehemannes bei.“