Mit EU-Milliarden gegen Engpässe bei Microchips
Die EU will mehr als 40 Milliarden Euro bereitstellen, um Versorgungsprobleme auf dem Microchip-Markt zu beheben: Mit dem Chips Act sollen Produktion und Forschung in Europa gefördert werden, um den Kontinent unabhängiger von den Märkten in Asien und den USA zu machen. Es sei eines der wichtigsten Industrievorhaben seit vielen Jahren, betonte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Europas Presse verteilt Lob und Kritik.
Wenn schon, denn schon
Die EU sollte lieber klotzen statt zu kleckern, kritisiert die Frankfurter Rundschau:
„Ganz bald wird Zugang zur Halbleitertechnologie der wichtigste Faktor im Wettbewerb der großen Wirtschaftsblöcke sein. Es brauchte die aktuelle Nachschubkrise, um die EU-Kommission aus ihrem Tiefschlaf zu rütteln. ... Jetzt will Binnenmarktkommissar Thierry Breton aufholen. ... Aber [das geht] nicht mit den Summen, die Breton nun zur Förderung aufgerufen hat. Für den Bau von Chipfabriken hat er bis 2030 rund 30 Milliarden Euro eingeplant [plus rund 10 Milliarden für Forschung und Entwicklung von Chips]. Die chinesische Regierung setzt hingegen umgerechnet 150 Milliarden Euro in dem Bereich ein. Es kann für Kommission und Regierungen daher nur eines geben: viel mehr Geld lockermachen.“
Europas Schwachpunkt
Die angekündigten Staatshilfen könnten zum Zankapfel werden, prophezeit La Stampa:
„Die gestern von der Kommission vorgestellte Maßnahme sieht vor allem eine radikale Änderung der Staatshilfepolitik vor, um den größten Schwachpunkt, nämlich den Mangel an Produktionszentren, zu beheben. Die neue Strategie wird es den Regierungen ermöglichen, die führenden Unternehmen des Sektors mit massiven öffentlichen Finanzierungen (über 30 Milliarden Euro) zu locken, so wie dies ihre amerikanischen und chinesischen Konkurrenten tun. Allerdings mit einem Unterschied: Europa besteht aus 27 Ländern, und es besteht die Gefahr eines EU-internen Konkurrenzkampfes. “
Nicht länger nur brav sein
De Tijd lobt den Chips Act, auch wenn das bedeutet, dass das bisherige Verbot von Subventionen für ganze Unternehmen übertreten wird:
„In den vergangenen Monaten wurde schmerzhaft deutlich, dass Europa bei Halbleitern abhängig ist von amerikanischen und vor allem asiatischen Zulieferern. Durch den Mangel an Halbleitern stockte die Produktion in einigen Autofabriken zeitweilig. ... Nicht jeder spielt das Spiel nach den Regeln, so wie Europa sie gerne will. Wirtschaft und internationaler Handel sind auch ein Machtspiel der großen Blöcke. Wenn Europa sich in der rauen Welt ständig brav verhält, rauben die anderen die Taschen leer. Es wird Zeit, dass sich Europa dessen bewusst wird und sich selbstbewusster aufstellt. “
Durch gemeinsame Anstrengung unentbehrlich werden
Neben massiven Investitionen ist auch ein strategisches Vorgehen nötig, betont das Wirtschaftsblatt Les Echos:
„Wir müssen unsere Prioritäten setzen und die Besten in einigen strategischen Marktnischen werden. So wie die niederländische Firma ASML sich bei der Ausrüstung der [Halbleiter-]Industrie unentbehrlich gemacht hat, können wir um Akteure wie ST Micro, NXP, Infineon, Soitec oder andere herum versuchen, ein Ökosystem von unentbehrlichen Zulieferern für den Auto-, den Maschinenbau oder die Ökowende zu entwickeln. Der Traum eines europäischen 'Halbleiter-Airbus' mag außer Reichweite sein. Dennoch müssen wir den Mut haben, eine Handvoll europäischer Champions auszuwählen, die wir fördern können, indem wir den oft trennenden Nationalismus überwinden.“