Ukrainekrieg: Wie dringend ist ein Waffenstillstand?
Papst Franziskus hat erklärt, er bete für neue Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine. Er steht damit nicht allein. Während sich auf dem Schlachtfeld der Frontverlauf gegenwärtig verfestigt, werden angesichts von drohender Energienot und globaler Hungerkrise im Westen die Forderungen an die Ukraine wieder lauter, alsbald mit Russland eine Verhandlungslösung zu suchen.
Kompromiss statt ewigem Schwelbrand
Diplomat Gérard Araud in Le Point plädiert für eine Friedenslösung - auch wenn sie unbefriedigend sein sollte:
„Es besteht die Gefahr, dass sich der Krieg in die Länge zieht, möglicherweise in Form eines Konflikts niedriger Intensität. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, müssen die europäischen Länder auf einen Waffenstillstand hinarbeiten. ... Sie müssen in Kyjiw und Moskau konkrete Argumente vorbringen; vielleicht müssen sie auch ihre Prinzipien über Bord werfen, um Kompromisse zu finden. Wenn sie scheitern, wird der Konflikt am Rand Europas auf unbestimmte Zeit weiter schwelen. Die Ukraine wird als verwüstetes Schlachtfeld enden. Unsere Interessen und unser Gewissen verbieten es uns, uns damit zufrieden zu geben.“
Balsam für die westliche Öffentlichkeit
Der Nawalny-Mitstreiter Leonid Wolkow befürchtet auf Facebook, dass die Ukraine dann aus Rücksicht auf den Westen nicht mehr zurückschlagen kann:
„Gegenwärtig genießt die Ukraine bedeutende Unterstützung des Westens. Aber wenn mit einer Linie auf der Landkarte 'schlechter Frieden' einkehrt, ändert sich die Lage radikal. Die Kämpfe wieder aufzunehmen, wenn die europäischen Wähler schon erleichtert aufgeatmet haben, dass der Krieg vorbei ist - das wird politisch extrem schwer. Selbst wenn große Kräfte und moderne Technik aufgeboten werden sollten, würde ein Kampf gegen die Besatzer von Cherson oder Isium von der öffentlichen Meinung im Westen ganz anders aufgenommen: 'Jetzt hat sich eben alles beruhigt und die fangen wieder an zu schießen.'“